Plattenkritik: Nouvelle Vague – Should I Stay Or Should I Go (PIAS)Nicht die perfekte Welle

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Coverversionen können großartig sein oder großer Mist. Wie sieht es mit den neuen Neuinterpretationen der Dauer-Coverer von Nouvelle Vague aus? Jan-Peter Wulf hat es sich angehört.

Gecoverte Songs sind ein Thema für sich. Es gibt solche, hinter denen das Original geradezu verblasst. Für mich ist die Neuinterpretation von U2s „Where The Streets Have No Name“ von den Pet Shop Boys, nebenbei ein absoluter Pionier des Bastard Pop aka Mashup, weil es auch Frankie Vallis „Can’t Take My Eyes Off You“ gleich mitcovert, ein perfektes Beispiel dafür. Dann gibt es solche, die alles kaputt machen. Nochmal U2: Deren für mich relevantester Song „One“ wurde so oft neu eingespielt und dabei seiner Hitnoten und seines Wesens beraubt, dass selbst jemand wie Bono einem echt leid tun kann. Von „Creep“ ganz zu schweigen: Ich möchte bitte nie wieder eine Weichspül-Lounge-Version davon in einer Hotellobby oder einem Restaurant hören müssen, bitte. Es könnte hochwertiges Porzellan zu Bruch gehen.

Nouvelle Vague aus Frankreich haben sich als Band aufs Covern spezialisiert. Das halten sie seit 20 Jahren tapfer durch, da erschien ihr erstes Album, das so heißt wie sie selbst. Besonders die Eighties, pardon, les années quatre-vingts, haben es dem Kollektiv, das mit verschiedenen Sängerinnen und Sängern arbeitet, angetan. Auf dem ersten Album finden sich mit Bossa Nova, Easy Listening, Loungepop und anderen Stilarten überarbeitete Klassiker wie „Love Will Tear Us Apart“ oder das ewig fantastische „In A Manner Of Speaking“ von Tuxedomoon. Das Jahrzehnt ist ein unerschöpflicher Pop-Fundus, und so hat man über die Zeit acht weitere Alben veröffentlicht. Nun das zehnte, „Should I Stay Or Should I Go“. Ich weiß, ich weiß. Der Clash-Klassiker braucht wahrlich kein weiteres Cover, er hätte nie auch nur ein einziges gebraucht. Auch dieses nicht, und das gilt für viele weitere Stücke des Albums: People Are People? Im Original, das in meinen Ohren immer klingt wie in einem Werkraum aufgenommen, einfach perfekt. You Spin Me Round? Die Hektik, die Dead Or Alive damit verbreiten, ist einzigartig gut. The Look Of Love? Shout? Only You? Puh. Herrje. Alles Dickschiffe des Pop, die mehr krude als galant ins Varietéformat gedreht wurden. Auf Albumlänge kaum erträglich. Eher was für den verrauchten kleinen Club im soundsovielten Arrondissement, roter Vorhang, viele schwarze Bugholz-Stühle. Oder fürs Kinofoyer davor oder danach. Oder gleich einen Nouvelle-Vague-Hommagefilm. Immerhin: Der Closer „This Charming Man“ erinnert in seiner geradezu ironischen Leichtigkeit an Zeiten, als The Mike Flowers Pops „Wonderwall“ aus den Neunzigern mühelos in die Sechziger beförderten, in denen die Gallaghers vermutlich sowieso am liebsten am Start gewesen wären. Ein milde stimmendes Finale, aber für den Moment hat es sich erstmal ausgecovert für mich.

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