Plattenkritik: Andreas Dorau – Im Gebüsch (Tapete)60 Jahre Musik ungeklärter Herkunft

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Andreas Dorau hat zum Boomer-Geburtstag ein neues Album herausgebracht und bleibt sich der genialen Belanglosigkeit treu.

Vor vielen Jahren sah ich mal eine Talkshow, irgendein Harald-Schmidt-Epigone, in dem der Showmaster Andreas Dorau interviewte. Und zwar fast ausschließlich zu „Fred vom Jupiter“. Offensichtlich hatte der Gastgeber keine Ahnung, dass Dorau schon zu dem Zeitpunkt ein beachtliches Werk vorzulegen hatte und alles andere als ein One-Hit-Wonder war/ist. Entsprechend angepisst blickte der Künstler auch drein, erinnere ich mich.
Aber es ist schon irre: „Fred vom Jupiter“ ist von 1981, der Kanzler heißt noch nicht mal Helmut Kohl und die Neue Deutsche Welle, von der niedersächsische Schützenfeste und Silberne, bald Goldene Hochzeiten bis heute zehren, zieht durchs Land. Dorau ist 17, als er seinen Song veröffentlicht. Damals war selbst ich noch zu klein für seine Musik, doch sie begleitet mich seit seinem Album „Neu!“ mit dem legendären „Das Telefon sagt Du“ (eigentlich ein perfektes Kinderlied, könnte man „diesen Ton“ heutigen Kindern noch vermitteln) durchs Leben. Nicht allzu nahe, eher – passt auch gut zu seiner Musik – wie ein Freund eines Freunds, den man immer wieder auf WG-Partys trifft.

Soeben ist der Boomer 60 geworden und schaut euch mal an: Das Babyface hat er immer noch, ziemlich gut gealtert der Mann. Zum Runden gönnt er sich und uns ein neues Album, das dreizehnte. Es heißt „Im Gebüsch“ und es ist toll, weil so typisch Dorau ist – irgendwo zwischen genial und betont belanglos, mal musikalisch recht eindrucksvoll, mal so Banane, dass es quietscht. Kurze Stücke, repetitive Textfragmente, elektro-poppig und in meist heiterer Grundstimmung. „Auf der Weidenallee, mit einem Becher Kaffee, ein Stück Kuchen dazu, die Sorgen verschwinden im Nu“: Vielleicht muss Musik im Jahr 2024 genau so sein, vielleicht aber auch nur vielleicht. Nehmt euch doch auch ein Stück Kuchen. Alles Gute zum Geburtstag.

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