Plattenkritik: Domenic Cappello – Basement Philosophy (Alien Communications)Techno made in Glasgow

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Domenic Cappello ist ein Urgestein der Glasgower Techno-Szene. DJ, Produzent, Label-Betreiber und Party-Promoter. Mit „Basement Philosophy“ erscheint nun nach rund 30 Jahren Arbeit sein Debütalbum. Was für ein Fest.

Es gab eine Zeit, in der der musikalische Gedankenaustausch zwischen Detroit und UK die Synapsen euphorisch hüpfen ließ. Dieser atlantische Highway mag vor allem in Richtung Großbritannien ein hohes Verkehrsaufkommen gehabt haben, eine Einbahnstraße war das Phänomen dennoch nicht. Die Platten der seventh city fielen in auf fruchtbaren Boden, wurden aufgesogen – der Sound weiterentwickelt. Das geschah landauf, landab, auch in Schottland.

Von dort aus releaste Domenic Capello ab den 1990er-Jahren seine Vision und Version der melodiegetriebenden Deepness. Als Hutton Drive auf Slams Label Soma und bei Frantic Flowers zum Beispiel. Oder als URB 'N' RI auf 20:20 Vision. Wenn er nicht produzierte, kümmerte er sich um sein eigenes Label Seven Sign Recordings oder die Subculture-Clubnächte, die er seit ... sagen wir immer ... gemeinsam mit James Harrigan jede Woche im Glasgower Sub Club organisiert. Kein Wunder irgendwie, dass für ein Album bislang die Zeit fehlte.

Mit „Basement Philosophy“ liefert Cappello nun nach. Die LP erscheint bei Alien Communications, einem Label, auf dem Cappello 2020 zum ersten Mal veröffentlichte. Das Album mag ein Pandemie-Projekt sein, das ist aber auch vollkommen egal. Denn es gießt den ganz typischen UK-Detroit-Sound von früher in eine neue Form. Allein das ist schon eine gute Nachricht.

Denn wenn wir ganz ehrlich sind: Dieser Sound ist in den vergangenen Jahren mehr und mehr in Vergessenheit geraten, bzw. wurde nur noch von wenigen Producer:innen verfolgt und hochgehalten. Die acht Tracks auf „Basement Philosophy“ atmen die 90er-Jahre, klingen – These! – ganz bewusst retro, ein Begriff, den ich hier ebenso bewusst im positivsten Sinne des Wortes verwende. Da ist die generelle Liebe zur Melodie und zu den Chords, die alles tief schillern lässt, ohne dabei kitschig zu sein. Da sind die Echos der 303, da ist die durchaus upfrontige Biestigkeit des britischen Dancefloors in den Beats. Da sind die sanften Strings, die Vocal-Samples, die vertrackten Basslines, die „Latin“-Percussion, natürlich die Bleeps und die Claps. Cappello friert auf seinem Album einen Sound ein, den wir uns in der Regel händisch zusammensuchen mussten. Es gibt nur ganz wenige LPs, auf denen sich die Musiker:innen so zielstrebig der Idee des Sich-Verlierens auf dem Dancefloor verschrieben haben. „Basement Philosophy“ ist eine Liebeserklärung an die Art von moodyness, die es so auf der Tanzfläche nie gab, nach der sich aber eben doch Menschen weltweit immer sehnten.

Für mich reiht sich das Album nahtlos in eine hall of fame ein, in der ich immer wieder lustwandle. Slams „Headstates“, Kenny Larkins „Azimuth“, Carl Craigs „Landcruising“, Convextions „Convextion“, The Detroit Escalator Cos „Soundtrack 313“ um nur einige Beispiele zu nennen. Die natürlich alle ganz anders klingen und ausgelegt sind. Es geht um den Spirit. Cappello steht ab heute im selben Fach meines Plattenregals.

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