Review: Huawei Mate SCut the midprice, drop the coins

Huawei Mate S

Neues aus der chinesischen Smartphone-Schmiede: Was kann das Mate S von Huawei?

Vor ein paar Tagen ist das Ascend P7 kaputt gegangen. Böser Wackelkontakt. Es ist runtergefallen, mal wieder. Besser aufpassen? Kann man immer, aber in diesem Fall liegt es wirklich am Gerät selbst: Es ist zu leicht vielleicht, vor allem aber, und das ohne Fragezeichen, ist es zu glatt. Glitschig wie ein frisch abgezogenes Eishockeyfeld ist seine Plastikunterfläche. Leichte Neigungen (und sei es nur ein in der Regel nicht horizontales Kissen), glatte Auflageflächen – zum Beispiel ein Schreibtisch, da kann man ja schon mal ein Smartphone hinlegen – und plumps.

##Das Neue bleibt da, wo es hingehört
Gut, dass es im Hause zwischenzeitlich schon ein neues Huawei-Gerät gibt: das „Mate S“. „Abgerundetes Vollmetallgehäuse für ein besonderes Nutzererlebnis“ steht auf dem Imagefolder. Das Versprechen nach diesem Nutzererlebnis wurde, ob nun in genau dieser Form gewollt oder nicht, eingehalten: Es macht sich nicht selbständig, es plumpst nirgends runter, das kann man nach einigen Wochen paralleler Nutzung festhalten, sondern liegt und bleibt und wartet standhaft dort, wo man es platziert. Wie es sein sollte. Auch an Stellen, wo der Vorgänger sich mit Grüßen gen Boden verabschiedet hätte. Sollten auch die 32 Extragramm (156 statt 124), die es auf die Waage bringt, sich auch in diesem Sinne, neben dem besseren Liegen in der Hand, positiv bemerkbar machen? Jetzt aber zum Eingemachten. Hi Mate, was kannst du so? Auffällig ist die sehr gute Sprachqualität, so gut, als säße der Gesprächspartner im Ohr. Im ersten Moment geradezu irritierend, könnte man sich glatt dran gewöhnen. Telefonieren in Telefonqualität. Mit dem Smartphone! Die Freude kann allerdings von einer Sekunde auf die nächste vorbei sein, fällt die Akustik in gewohnt dürftige Standards zurück, was immer dann passiert, wenn die entsprechende Bandbreite nicht zu haben ist. Das ist so, als würde man Netflix in Fullst-HD und dann, ohne Vorwarnung, in Low-Fi-Streamqualität weitergucken müssen. Aber immerhin: Man zeigt, genauer, man lässt hören, was möglich ist. Oder sein wird.

Mate S

##Keine Chance für Akku-Killer
Dauerhaft gut ist der Datenthroughput: 3 GB RAM sind ordentlich, da hakt fast nichts. Und mit 32 GB Gesamtspeicher läuft man nicht schnell trocken. Zumal dieses Mobiltelefon, typisch Huawei, einmal mehr (und gefühlt mit diesem Modell noch mehr) aufs Speicher- und Energiesparen bedacht ist wie´n Fuchs: stromintensive App gefunden? Mäp! Glaubt hier irgendwer, im Hintergrund den kostbaren Akku des Geräts mit seiner perfiden Mobilanwendung fressen zu dürfen, gibt es eins drüber. Mehr noch: Man muss Apps regelrecht davor „schützen“, so heißt das bei Huawei, damit sie nicht rigoros abgestraft, sprich abgeschaltet werden. Die Stromverbrauchs-Firewall listet die Übeltäter noch mal ganz genau auf. Und besser als jedes Früchte-Tetris-Spiel für den U-Bahn-Transfer ist die schon lieb gewonnene Stromüberwachung, die immer was zum Optimieren findet. Der „Reg Cleaner“, den Windows-Menschen vielleicht noch kennen, ist hier der intelligente Speicherscan, der auch immer was findet: Installationspakete, selten verwendete Apps oder große Dateien. Doch Vorsicht vor dem Löschen: Es könnte ja auch ein persönliches Video oder eine Audiodatei sein, z.B. ein Gesprächsmitschnitt wie ein Interview. Welche sich mit dem Mate S übrigens ganz hervorragend führen lassen, dank verschiedener Aufnahmemodi (gleich drei Mikros sind an Bord) für „Besprechung“, „Interview“ oder „normal“ auch der räumlich-personellen Situation entsprechend. Für die nächste Iteration wäre dann eine Schneller-Langsamer-Funktion noch toll, dann kann man ans Auditive einen Haken dransetzen.

Profikamera1

Wer sich mit Kameratechnik auskennt ...

Profikamera2

kann beim Mate S einiges manuell einstellen ...

Profikamera3

und noch mehr aus den Bildern rausholen.

##Der High-Noon-Kameramodus
Im visuellen Bereich hat man noch mal ein paar Schippen draufgelegt. Vor allem bei der Frontkamera gibt’s im Vergleich zum Mate 7 noch mal drei Megapixel mehr. Menschen, die sich mit Kameratechnik etwas besser auskennen, dürfen sich über den „Professional Modus“ freuen, mit dem sich viele Parameter manuell einstellen lassen. Auf der anderen Seite gibt es, wenn es schnell gehen muss, das Colt-Zücken für den so genannten „Ultra-Schnappschuss“, für den Handy und Foto-App nicht erst aktiviert werden müssen: Es reicht, wenn die Funktion in den Einstellungen aktiviert ist, zweimal hintereinander schnell die Lautstärke-Runter-Taste zu drücken, schon ist ein Foto da. Praktisch nicht nur dann, wenn mal wieder ein Ufo auftaucht. Langsam wie eine Schnecke – gefühlt – ist der Auslöser in künstlich beleuchteten Räumen. Oft ist der entscheidende Moment – das Kind steht zum ersten Mal alleine und freihändig, welch Freude – längst vorbei, bis die Kamera soweit ist. An der Bildqualität hingegen gibt’s wenig zu meckern, hierbei weiß besonders – bei ruhiger Hand oder mit Stativ – der Nachtmodus zu gefallen. Die Bordmittel-Verschönerungsfilter sind schon beim P8 durchgefallen, auch beim Mate S sollte man weiterhin die manuellen Parameter nutzen oder sich eine Profi-Filter-App im Store kaufen. Der Zeitraffer ist und bleibt ein lustiges Gimmick – not more, not less.

Zeitraffer ausprobieren: Das Boot war wirklich langsam unterwegs.

Langzeitaufnahme

Nachtmodus bzw. „Blue-Hour-Modus“: nix für den Profi, aber für den privaten Zweck ganz nett.

##Auch hier: Tod des einarmigen Banditen
Dann ist da noch die Sache mit dem Fingerabdruck: Eine Funktion, die mittlerweile viele Anbieter eingeführt haben. Praktisch zum Entsperren, Anrufe-Entgegennehmen und Fotos-Durchstöbern, besonders wenn man gerade eine Hand (also die zweite) nicht frei hat. Insgesamt aber ist dieses Gerät, trotz des in den Einstellungen auswählbaren Einhand-Layouts, alles andere als ein Einhand-Handy. Bei einer Breite von 75 mm (ein iPhone hat 67 mm und ist damit schon das Ende des einarmigen Banditen) braucht es schon eine Dirk-Nowitzki-Spannweite an den oberen Extremitäten. Immerhin: Mit der „Smart Knuckle 2.0“-Funktion können bestimmte Funktionen durch das Zeichnen von Buchstaben geöffnet werden – ein „m“ macht Musik zum Beispiel, ein „c“ öffnet die Kamera. Das klappt mit etwas Routine auch einhändig. Ob man es braucht? Geschmacksfrage. Wie Swype.

Cut the midrange, ruft einem dieses Gerät mit rund 600 Euro entgegen. Damit ist ein Alleinstellungsmerkmal, nämlich die günstigere Preislage, weg. Und ob es dann für das Mate S reicht, um im Smartphone-Karpfenteich mitzuschwimmen? Jemand, der sich 600 Euro als Preisgrenze festlegt und dann guckt, was es auf dem Markt gibt, könnte sich statt dieses Fisches womöglich einen anderen angeln.

Huawei Mate S Schlussbild

Huawei Mate S
• Display: 5,5", 1.920 x 1.080p
• OS: Android 5.1.1 / Emotion UI 3.1
• Prozessor: Kirin 935 Octa Core, 4x2.2 GHz , 4x1.5 GHz
• Akku: 2.700 mAh
• 3 GB RAM, 32 GB Speicher, erweiterbar
• Hauptkamera: 13 Megaixel
• Frontkamera: 8 Megapixel
• Preis: ca. 600 Euro
• erhältlich in den Farben Titanium Grey und Mystic Champagne
• Fingerprint 2.0, Knuckle
• benötigt eine nanoSIM
• weitere Infos: Huawei

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