Review: Motorola Moto Z3 PlayPattsituation

Moto Z3 Play - lede

Die Geräte der Z-Reihe von Motorola stehen für dünne Bauweise und modularen Mehrwert. Auf der Rückseite der Smartphones lassen sich die Moto Mods anbringen und die Telefone so mit spezifischen Features aufmotzen. Die dritte Generation des Moto Z3 Play kommt dieser Tage in den Handel. Ist dieses Prinzip nun Quatsch, die Zukunft oder beides? Von allem ein bisschen.

Als Motorola im Sommer 2016 das erste Smartphone der Z-Serie vorstellte, war „modulares Design“ ein trending topic der Handy-Industrie. Google war mit dem „Project Ara“ vorgeprescht und versprach für die Zukunft Geräte, deren Komponenten man sich den eigenen Vorlieben nach zusammenstellen und demenstprechend auch immer wieder updaten könnte: Kamera, Speicher, Akku, Slots, Anschlüsse würden nicht mehr in der Fabrik für immer und ewig zusammengeklebt und somit früher oder später obsolet werden. Die Vorzüge dieses Konzepts lagen auf der Hand: kostengünstig und vor allem nachhaltiger sollte die Smartphone-Zukunft sein.

Motorola, zu diesem Zeitpunkt noch Teil von Google, beantwortete die Frage des modularen Design anders. Die Idee der Z-Reihe: ultradünne Geräte, in denen nach wie vor alle Komponenten zwar bereits in der Fabrik eingesetzt werden, die aber dank der so genannten Moto Mods um bestimmte Funktionalitäten erweitert werden können. Ob der schlanken Bauweise lassen sich die Mods mit Magneten auf der Rückseite der Telefone anklicken. Zusatzakkus, Rückschalen in den unterschiedlichsten Farben, Lautsprecher oder Add-ons, die das induktive Laden erlauben, gehören dazu – mittlerweile gibt es auch einen Game-Controller, einen Alexa-Lautsprecher, einen Kamera-Aufsatz von Hasselblad, einen Beamer, eine 360°-Kamera, ja sogar eine Polaroid-Kamera. Motorola versprach gleich zu Beginn, diese Mods für mindestens drei Jahre zu unterstützen, legte sich also für ebenso viele Jahre auf ein Design und eine Schnittstelle fest. Das dritte Jahr bricht jetzt an – mit dem Moto Z3 Play. Das neue Smartphone kommt dieser Tage in den deutschen Handel.

Wirklich aufgegangen scheint das Konzept der Moto Mods bislang nicht – bzw. bei den Kunden noch nicht so recht angekommen. Auch wenn die Auswahl stetig wächst, ist sie auch im dritten Jahr noch ausgesprochen übersichtlich oder – im Fall der Polaroid – reichlich skurril und nischig. Und das trotz extra aufgelegtem Entwickler-Programm mit eigenem SDK. Zudem sah man sich bei Motorola auch mit Kritik konfrontiert: Sind die Akkus in den Telefonen bewusst vergleichsweise klein, damit man noch eine Batterie-Mod als Zubehör verkaufen kann? Aber: Bei Motorola glaubt man (bis auf weiteres) an das semi-modulare Konzept – Googles Project Ara ist mittlerweile im Archiv verschwunden. Mehr noch, in einigen Regionen sei das Konzept sehr erfolgreich und werde gut angenommen, heißt es bei Motorola. Deutschland gehört (noch) nicht dazu. Ob sich das mit dem Z3 Play ändert, ist fraglich, auch wenn es an dem Smartphone selbst wenig zu bemängeln gibt.

Moto Z3 Play 02

Was steckt drin?

Natürlich nimmt Motorola im Z3 Play zunächst alle Trends mit, die man 2018 eben mitnehmen muss. Konkret: 18:9-Display (ähnlich wie beim kürzlich hier vorgestellten Moto G6) und eine Dual-Kamera auf der Rückseite. Das Smartphone selbst ist 156 Gramm leicht, 6,75 mm dünn, hat einen USB-C-Port (keinen Kopfhörerausgang) und ein AMOLED-Display, das im Vergleich zur Vorgängergeneration nochmals größer geworden ist, jetzt 6" misst und mit 2.160 x 1.080 Pixeln auflöst. Der verbaute Akku bleibt auch beim Z3 Play mit 3.000 mAh vergleichsweise schwach – im Lieferumfang liegt aber – Überraschung! – gleich ein Mod-Zusatzakku bei. Vorder- und Rückseite sind aus Glas und werden durch einen Aluminium-Rahmen zusammengehalten. 4 GB RAM sind verbaut, der Programmspeicher liegt bei 32 bzw. 64 GB, eine microSD-Karte passt auch noch rein. Die schon erwähnte Dual-Kamera löst mit 12 und 5 MP auf (letztere sammelt als Sensor nur Tiefeninformationen), vorne warten 8 MP – bei Videos ist hier bereits bei 1.080p Schluss. So weit, so vorhersehbar. Das gilt auch für den Mittelklasse-Prozessor, den Snapdragon 636 von Qualcomm.

Mittelklasse ist ein wichtiges Stichwort. Denn mit einem UVP von 500 € buhlt das Moto Z3 Play genau in diesem Marktsegment um Aufmerksamkeit. Natürlich kosten die Flaggschiffe von Apple, Huawei oder Samsung deutlich mehr – man kann aber auch schon für deutlich weniger als 500 € ein solides Smartphone erstehen und wird – wie bereits oben erwähnt – sogar in Motorolas eigenem Portfolio fündig und gut bedient. Der hier aufgerufene Preis kauft einem also zwei Dinge. Einerseits ein sehr schickes und eben beeindruckend dünnes Smartphone (wenn man darauf denn besonderen Wert legt – auch hier sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Herstellern mittlerweile marginal) und andererseits den Zugang zum vermeintlichen Mehrwert der Moto Mods. Fangen wir mal bei der ersten Zielgruppe an.

Moto Z3 Play 03

Die Rückseite des Moto Z3 Play ist aus Glas und liegt damit im Trend der Zeit. Unten deutlich erkennbar ist der magnetische Anschluss fürs Anklippen der Moto Mods.

Steilkurve

Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich 2018 über dieses Thema bei Telefonen noch einmal äußern müsste, aber: Das Moto Z3 Play liegt im nackten Zustand nicht wirklich überzeugend in der Hand. Die vergleichsweise großen Maße des Smartphones spielen dabei eine Rolle – auch wenn das Gewicht sehr gut ausbalanciert ist. Der Knackpunkt ist für mich die Art und Weise, wie sich der Rahmen zur Rückseite aus Glas verhält: nämlich nicht sonderlich ergonomisch bzw. smooth. Der Rahmen dominiert die Haptik des Geräts und im Zusammenspiel mit den beiden Glasschichten vorne und hinten ergibt sich eine gewisse Unausgewogenheit. Die verschwindet zwar, wenn der Akkupack appliziert wird – dann ist das Telefon allerdings auch deutlich dicker. Ohne dieses Moto Mod wirkt das Z3 Play nicht etwa fragil, aber irgendetwas stimmt hier nicht. Mit dieser Anmerkung mag ich allein auf weiter Flur stehen – was mir nur recht ist. Woran ich mich in der vergangenen Woche hingegen gar nicht gewöhnen konnte, betrifft weitere Design-Entscheidungen.

Eine Problem, für dessen Lösung die Designer bestimmt erstmal auf die Terrasse vapen gegangen sind.

Das 18:9-Display dominiert die Vorderseite des Z3 Play. Die Bereiche ober- und unterhalb des Bildschirm sind erfreulich schmal, was die dortige Platzierung des Fingerabdrucksensors dort (unten) jedoch so gut wie unmöglich macht. Kein Problem, verlagert man den Sensor eben auf die Rückseite – genau wie bei zahlreichen anderen Android-Telefonen auf. Doch genau das funktioniert beim Z3 Play nicht, wäre der Sensor bei angeklippter Moto Mod ja nicht mehr erreichbar. Eine Pattsituation, bei der die Designer im Mutterhaus in Chicago bestimmt erstmal auf die Terrasse vapen gegangen sind. Entschieden hat man sich schließlich dazu, den Sensor in die rechte Seite des Rahmens zu integrieren. Sony hatte dieses Prinzip eine Weile in deren Xperia-Telefonen ausgelotet, sich mittlerweile aber wieder davon verabschiedet.

Moto Z3 Play 04

Der Fingerabdrucksensor ist beim Moto z3 Play in den Rahmen gewandert.

Ich habe eine Ahnung, warum: Die Platzierung ist schlicht nicht ideal und führt zu vermehrtem Umgreifen, was, wenn sich das Telefon wie in meinem Fall ohnehin nicht gut in der Hand anfühlt, das Hantieren mit dem Smartphone noch unangenehmer macht. Denn der Standby-Knopf ist auf die linke Seite des Rahmens gewandert. Das ist ergonomisch nicht sauber gelöst: Aus/an links, Sensor und Lautstärke rechts, das will meinem Gehirn nicht in den Kopf. Zum Glück lässt sich das Z3 Play auch per Gesichtserkennung entsperren: Schade, dass das nicht funktioniert, wenn das Telefon auf dem Tisch liegt. Wirklich sicher wie beim iPhone X ist dieses Prinzip aber ohnehin nicht – das wird bei Motorola wie bei allen anderen Android-OEMs, die das Feature in ihren Geräten integrieren, aber auch ganz klar kommuniziert: reine Convenience.

Field Trip

Im Alltag verhält sich das Moto Z3 Play genauso mehr oder weniger vorbildlich, wie alle anderen Telefone, die in den vergangenen Monaten über meinen Tisch gehoppelt sind. Die Performance stimmt, das AMOLED-Display ist knackig, die Farben genau richtig saturiert und nicht übertrieben. Die Kamera liefert bei gutem Licht solide Ergebnisse und selbst der kleine Akku mit seiner Kapazität von 3.000 mAh bringt einen verlässlich durch den Tag. Das ist auch gut so, denn der Akkupack, der 2.000 weitere mAh liefert, trägt in der Hosentasche dann doch etwas zu heftig auf – erspart einem aber immerhin die Powerbank im Rucksack – eine ohnehin zweifelhafte Kulturtechnik. Aber die angesprochene Dicke des Akkupacks ist genau der Kern des Smartphone-Pudels. Von den regulären Rückschalen einmal abgesehen, die man noch als Fashion-Statement durchgehen lassen kann, sind einfach alle Moto Mods spürbare Klopper, die ein stetes Wechseln voraussetzen – und so dann wieder im Rucksack landen, von den Lautsprecher-Mods für den Schreib- oder Nachttisch mal abgesehen.

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Mit dem Akkupack trägt das Z3 Play schon deutlich auf.

Konzept sucht Use-Case

Diese Erkenntnis, kombiniert mit der bereits erwähnten Nischigkeit der Mods, fasst das Dilemma zusammen, in das man sich bei Motorola hineinmanövriert hat. Für manche mag das Konzept aufgehen. Um auf dem Massenmarkt damit Eindruck zu hinterlassen, braucht es aber Mods, die auch wirklich massentauglich sind. Was genau das sein könnte, steht bei Motorola mit Sicherheit regelmäßig auf der Tagesordnung in Besprechungen. Doch die Antwort dürfte schwer zu finden sein. Denn das Moto Z3 Play hat das Smartphone-101 schon ohne Mods gut im Griff, ist jedoch jenseits des tollen AMOLED-Displays einfach ein bisschen zu teuer geraten. Immerhin: Motorola verspricht Updates für die zwei kommenden großen Android-Generationen. Da scheißen die Billigheimer drauf. Als stichhaltiges Argument in Sachen Nachhaltigkeit dürfte das jedoch bei den Konsumenten nicht wirklich ausreichen.

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