It’s a Dark Night: von Noirs und Neo-NoirsBuchvorstellung: Film Noir. 100 All-Time Favorites

Drive

Foto: Drive, (2011) Bold Films, Oddlot Entertainment, Marc Platt Productions, Motel Movies / TASCHEN

Ein neuer Bildband erzählt die Geschichte des Film Noir. Tim Schenkl hat ihn sich genauer angeschaut.

In seinem geradezu legendären Text „Notizen zum Film Noir“, der dem jetzt im Taschen-Verlag erschienenen Band Film Noir. 100 All-Time Favorites voran steht, weist der amerikanische Regisseur und Autor Paul Schrader darauf hin, dass eigentlich jeder Filmkritiker über eine eigene Film-Noir-Definition sowie eine persönliche Liste von Filmen und Daten verfügt, um diese zu stützen.
Die Herausgeber von Film Noir. 100 All-Time Favorites, Paul Duncan und Jürgen Müller, legen nun ihre Liste von Filmen der „Schwarzen Serie“ vor, die sie zusätzlich noch um mehrere sogenannte „Neo-Noirs“ ergänzen. Herausgekommen ist dabei ein fast siebenhundert Seiten starker Bildband, der zu jedem der insgesamt hundert angeführten Filme neben einer kurzen Filmanalyse noch relevante Informationen zu Cast und Crew, eine Abbildung des original Filmplakats sowie mehrere liebevoll ausgewählte Standbilder liefert. Neben Schraders Aufsatz und zwei weiteren einführenden Texten bietet der Bildband dem Leser außerdem eine Zusammenstellung von insgesamt eintausend (!) Films Noirs und Neo-Noirs aus der Zeit von 1920 bis 2012.

Film Noir 3

Foto: The Big Combo, (1955) Allied Artists / TASCHEN

Das „Wie“ ist immer wichtiger als das „Was“

Jede Beschäftigung mit dem Film Noir steht zu Beginn vor dem Problem, dass es unterschiedlichste Meinungen zu der Frage gibt, ob es sich beim Film Noir nun um ein eigenständiges Genre oder um eine genreübergreifende Ästhetik handelt. Paul Schrader beispielsweise plädiert dafür, die Filme der Schwarzen Serie vor allem anhand ihrer stilistischen Merkmale - düsterer, pessimistischer Grundton, markante Lichtsetzung, die die Charaktere oft regelrecht zerschneidet, und die an den Deutschen Expressionismus angelehnten Bildkompositionen zu kategorisieren und ist davon überzeugt, dass im Film Noir das „Wie“ immer wichtiger als das „Was“ sei. Andere Experten verweisen hingegen auf die immer wiederkehrenden Erzählkonventionen und Handlungskomponenten, wie den Hard-Boiled Detective und die Femme Fatale, die nicht umsonst zu den emblematischen Symbolfiguren des Film Noir geworden sind. Nimmt man das seit den siebziger Jahren existierende Phänomen der Neo-Noirs und somit Filme wie Taxi Driver, Blade Runner und Drive hinzu, so wird die ganze Angelegenheit noch unübersichtlicher.

Film Noir 2

Foto: Laura, (1944) 20th Century Fox / TASCHEN

Duncan und Müller können dieser bekannten Problematik durch ihre Auswahl der Filme keine neue inhaltliche Wendung geben. Das wäre wohl auch zuviel verlangt. Es ist jedoch manchmal etwas schade, dass die Begleittexte zu den Filmen häufig nur wenige Hinweise darauf geben, warum es sich bei dem ausgewählten Werk nach Einschätzung der Autoren überhaupt um einen Film Noir bzw. einen Neo-Noir handelt. So fragt man sich als Leser hin und wieder: Was genau verbindet eigentlich Filme wie The Big Sleep von Howard Hawks, Michelangelo Antonionis Blow Up und Christopher Nolans The Dark Knight? Wer sich solche Fragen gerne selbst beantwortet, für den bietet Film Noir. 100 All-Time Favorites einen spannenden und inspirierenden Einstieg in eine der wohl kreativsten Phasen des amerikanischen Filmschaffens und ihren anscheinend nicht enden wollenden Einfluss auf den zeitgenössischen Film. Ein Einstieg, der Lust darauf macht, die aufgelisteten Filme neu oder aufs Neue zu entdecken.

cover

Film Noir. 100 All-Time Favorites
von Paul Duncan, Jürgen Müller
Hardcover, 688 Seiten
Preis: 39,99 Euro
erschienen im Taschen Verlag
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