Schnapsideen – Erfindergeist im 21. JahrhundertDiesmal: Hunde-Selfies, Selfie-Rasur und Smartphone-Staubsauger
15.9.2017 • Technik & Wissen – Text: Ji-Hun Kim, Illustration: Susann MassuteTechnologien können die Welt verbessern. Können …
Diesen Monat drehen sich unsere Schnapsideen um die wundersame Produktkategorie des Smartphone-Zubehörs. Nicht, dass es nicht auch praktische Accessoires geben würde, aber manchmal ist die geistige Umnachtung bei Erfindern präsenter als der helle Einfall. Aber treuen Lesern dieser Kolumne sollte das ohnehin klar sein. Über Tennisbälle für Lausinkubatoren, Bartkrümel in der iPhone-Buchse und Roboter, nach denen wirklich keiner gefragt hat.
Pooch Selfie
Fragt man Filmemacher, was beim Drehen die größte Herausforderung ist, dann hört man oft die Antwort: Tiere. Lieber zwölf Klaus Kinskis auf schlechtem Koks als auch nur ein Hund vor der Kamera, lautet die ungeschriebene Losung von Hollywood bis Babelsberg. Denn bis Tiere verstanden haben, was Mensch eigentlich mit den ganzen Kameras und Mikrofonen will, ist das Tagesbudget schon längst aufgebraucht. Der Horror für jeden Produzenten. Das gilt aber auch für den Alltag normaler Menschen. Selfie-Junkies, die sich für Tinder und Co. mit ihren Haustieren schmücken möchten (Tiere sollen eine größere Empathie erzeugen und zeigen, dass der- oder diejenige auch zart und verantwortungsvoll sein kann), kennen das gleiche Problem. Nie machen Katze oder Köter das, was man will, wenn denn wieder das Profilupdate ansteht. Zum Haare raufen. Aber was tun?
Hier kommt Pooch Selfie ins Spiel. Ein Tennisball mit Plastikhalterung, die zusammen an das Smartphone gesteckt werden. Ein bisschen so wie die berühmte Möhre an der Angel, die dem trägen Esel beim Ritt vor die Nase gehalten wird. Dank dieser brillanten Erfindung sollen Hunde von nun an immer brav in die Linse gucken. Der hoffnungsvolle Blick den Ball gleich fangen zu können und voll zu sabbern, sorgt für die nötige Gesichtsspannung, die ein gutes Portrait nun mal braucht. Wie hygienisch allerdings die Angelegenheit wird, wenn nach mehrmaligem Apportieren der Hundespeichel am Ball mit dem Smartphone fusioniert. Man weiß nicht so recht. Und 15 Dollar für einen trashigen Tennisball und ein bisschen Plastik sind auch ein stolzer Preis. Ob man das nicht irgendwie auch anders hinbekommt? Hmmm … schwierig …
Pooch Selfie
iPhone-Rasierer
Denkt man an die Kombination Badezimmerspiegel plus Smartphone, was kommt einem in den Sinn? Jepp. Selfies. Kopf leicht geneigt (nie mehr als 15 Grad), Bauchmuskeln angespannt (aber cool bleiben, man thront ja nicht auf der Keramik) und so träumerisch-souverän gucken, als würde Herrchen einen Tennisball vor die Nase halten. Ich würde behaupten, dass der Badezimmerspiegel das meist fotografierte Objekt im Internet ist. Diesbezüglich ist diese japanische Erfindung fast erfrischend. Denn dieser Aufsatz fürs iPhone bricht dieses Band und macht dafür aus dem Smartphone einen elektrischen Rasierer. Da ja immer genug Strom auf dem Handy ist, wieso nach der 16-Stundenschicht bei Goldman nicht einfach im Büro ratzen und dafür am nächsten Morgen frisch wie ein Osterei aussehen. Dem Chef wird’s taugen.
Eigentlich genügt ein Blick, um zu erkennen, dass bei so einem Device die Begriffe Akkuratesse und Qualität nicht auf der Konzeptpräsentation zu lesen waren. Aber es soll ja Menschen geben, die panische Angst vor Bartwuchs und Bärten haben und für das permanente Nachziehen könnte diese mobile Lösung vielleicht gar nicht unpraktisch sein. Smartphone-Sucht ließe sich mit Rasiersucht verbinden. Wie man so eine Angst nennt? Pogonophobie. Wieder was gelernt.
iPhone-Rasierer
Smartphone-Roomba
Staubsauger-Roboter wie die von Roomba gehören in vielen modernistischen Haushalten mittlerweile zum Standard. Wobei diese praktischen Devices auch ihre Tücken haben. Der Hersteller Roomba versucht mittlerweile nämlich die durch den Sauger getrackten Wohnungsumrisse und weitere Daten wie Reinigungszyklen und besonders hartnäckige Schmutzecken gewinnbringend an Hersteller für Smart-Home-Devices zu verkaufen. Kein Scherz. Der putzige Robohelfer wird so zum spooky Spion und solchen Firmen scheint es heuer egal zu sein, dass man zuvor schon mehrere hundert Euro für ein Gerät ausgegeben hat. Kann man ja weiter melken diese Kunden. Wie dem auch sei. Die Sorge hat man mit dem Robotic Smartphone Cleaner nicht. Dafür ist er zu niedertourig „intelligent“. Aber sonst funktioniert er wie das große Vorbild. Einmal auf den Keimherd Smartphone-Display gelegt, schiebt er gemächlich auf dem Bildschirm hin und her und soll so blitzsaubere Ergebnisse liefern. Und ja, runterfallen soll er laut ausgefuchsten Sensoren auch nicht. Dass das kurze Abwischen und Polieren des Tablets oder Handy mit einem Tuch und ein bisschen Sagrotan auf diese Weise zu einer mühsam-zeitintensiven Angelegenheit wird, scheint egal. Wieso einfach, sauber und günstig, wenn es auch so strunzig und dämlackig wie möglich geht. Eine Klimaanlage am Südpol bleibt da um einiges sinnvoller.
Robotic Smartphone Cleaner