Schnapsideen – Erfindergeist im 21. JahrhundertDiesmal: Einmal-Hipsterkaffee, Smoothies mit Akku und SMALT

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Technologien können die Welt verbessern. Können …

Für den Monat August gibt es drei Produkte aus dem Bereich Food. Gut essen und trinken ist ja eine feine und definitiv essentielle Angelegenheit, und manchmal braucht es halt ein bisschen Hilfe durch vermeintlich brillante Erfindungen. Weil: So einfach ist das mit der guten und ausgewogenen Ernährung ja nicht für jeden. Ob Dripkit, Rocket Bottle Plus und SMALT ihre Versprechen einlösen?

Schnapsideen Dripkit

Dripkit

Es gibt Dinge, die können nur aus Brooklyn kommen … Wie wir ja alle wissen, sind Espresso und Cappuccino heute in etwa so angesagt wie Dubstep. Die wahren Connaisseure der Kaffeebohne brühen ihr Heißgetränk mittlerweile wieder per Hand. Ganz so wie Oma nach dem Krieg eben. Schluss mit den ganzen bösen umweltschädlichen Alukapseln von Nespresso und dem Vollautomatenschlonz vom Bäcker. Heute ist man nur echter Foodie, wenn man Marmelade selber (mit Obst vom Lidl) kocht, ein Fern-Uni-Diplom in Fermentation hat und – genau – der Kaffee hand-brewed ist. Oder dripped, wie man so schön sagt. Als hätte die Menschheit nichts gelernt (es gab nicht umsonst irgendwann die Kaffeemaschine, die einem das träge und mühsame Aufbrühen von Kaffee durch den Filter abgenommen hat), wollen die Erfinder von Dripkit nun auch den handgebrühten Kaffee revolutionieren.

Dripkit ist ein faltbarer Kaffeefilter für genau eine Tasse mit artisanalem Kaffee aus Guatemela und natürlich in Brooklyn mit Vollbart geröstet. Ob im Büro, im Park oder nach dem guten Essen – einmal zusammengebastelt und auf die Tasse gestellt, kann nun jeder seine ganz private Tasse megadistinguiert in ewig kreisenden zen-artigen Bewegungen aufsetzen. Was für eine Umweltsauerei, die mit einem Preis von 2,50 Dollar pro Tasse auch nicht wirklich ökonomisch ist. 1+1+1 zusammen zählen kann doch wirklich nicht so schwer sein. Aber hey, ist dafür ziemlich cool. So ist das mit der Generation, die lieber während des Wochenendtrips dauernd auf Smartphone-Landkarten schaut, statt Menschen nach dem Weg zu fragen.
Dripkit

Schnapsideen Mixer Rocket Bottle Plus

Rocket Bottle Plus

Mittlerweile Usus im medialen Alltagsbild sind die Horden der hart gut aussehenden Influencer und Instagrammer, die jeden Tag krass Sport machen, permanent urst-happy sind und sich vornehmlich von Flüssignahrung ernähren: Smoothies, Proteindrinks, Wechseljuice und abends am Pool gönn-dir-like eine Margarita im gesponserten 5-Sterne-Hotel an der Amalfiküste. Wer so straight an Minuskalorien mit Tabata, Yoga und Crossfit arbeitet, sollte sich mit dem Kauen auch nicht übernehmen, irgendwann ist ja auch mal gut mit der Selbstgeißelung. Fair enough. Und ein gutes Training für das zukünftige Kukident-Rentnerdasein ist die permanente Flüssignahrung ebenfalls. Hier kommt Rocket Bottle Plus ins Spiel.

Ein kabelloser Mixer mit Akku und USB-Anschluss, der wirklich überall mit kann. Wie geil! Beim Fotoshoot in der marokkanischen Wüste, im Auto, in der Airport-Lounge, am Strand in Miami oder in der Gym-Umkleide: einfach eben ein bisschen Grünkohl, Apfel, Spinat, Ingwer und Sellerie klein geschnibbelt, zwei Eiweiß (Eigelb nur am Cheatday) rein, Mixer an, shaky-shaky fertig ist der Smoothie. Man hat ja immer alles dabei. Wie das im Use Case wirklich aussehen soll, würde uns nur zu gerne interessieren. Dafür kann man sein Handy an dem Mixer wieder aufladen, wenn der Akku um 13 Uhr schon wieder alle ist. Bei dem USP kann man auch einen angesifften Blender den ganzen Tag in seiner Gucci-Handtasche Gassi führen. Lifestyle verpflichtet.
Rocket Bottle Plus

Schnapsideen SMALT

SMALT

Der abgeschossene Vogel des Monats geht indes an SMALT. Der wahrscheinlich erste smarte Salzstreuer der Welt. Der Kolumnist hat lange überlegt, wofür das Ganze gut sein soll. Mehrere Nächte wurden darüber geschlafen. Es herrscht noch immer weltraumartige Leere. Nicht nur, dass es sich um einen Trumm an Device handelt, das Teil soll auch noch 199 Dollar kosten. Aber fangen wir von vorne an. Per Smartphone-App kann man bei diesem Gerät bestimmen, welche Menge an Salz benötigt wird, die dann in einer kleinen Schublade unten ausgespuckt wird. Darf es eine Prise, ein Teelöffel oder eine Messerspitze sein? Ist in der Küche mit fettigen Fingern auch sehr lebensverbessernd das Telefon die ganze Zeit zu betatschen, wenn man mal ein bisschen Salz benötigt. Aber: Daran haben die Erfinder gedacht.

SMALT unterstützt auch Alexa. Wenn man also Nudeln für zehn Personen kochen möchte, und man eine größere Menge Salz benötigt: „Alexa, ich brauch einen Teelöffel Salz. Alexa, ich brauch einen Teelöffel Salz. Alexa, ich brauch einen Teelöffel Salz. Alexa …“ Zum Hinknien. Was kann SMALT noch? Den Tagesgebrauch an Kochsalz tracken. Angeblich ist zu salziges Essen ja ungesund und so kann man (ein Hoch auf die Nische) neben den dutzend anderen Trackingdaten separat zusätzlich den Natriumchlorid-Haushalt checken. Reicht nicht der gottgegebene Brand, nachdem man drei Tüten Chips gegessen hat und sich der Mundinnenraum anfühlt, als hätte man löffelweise Zimt gefuttert? Nichts da. Denn SMALT hat auch noch ein LED-Ambientlicht, um kuschelige Stimmung beim romantischen Dinner zu erzeugen und Musik abspielen via Bluetooth-Lautsprecher geht natürlich auch. So was hat man mittlerweile aber ja auch zu selten in der Wohnung stehen.

Die Macher versprechen allerdings, dass es sich bei SMALT, um ein definitives „Conversation Piece“ handelt. Man möge sich nur vorstellen, wie die Gäste ausrasten, wenn SMALT auf der Tafel platziert wird, jeder erstmal die App installiert, um dann bei Bedarf mit dem Handy nachsalzen zu können. Hammer! Wer sich noch immer fragt, wieso Satire im 21. Jahrhundert derweil so problematisch geworden ist, das hier ist einer der zahlreichen Gründe.
SMALT

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