Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit When Saints Go Machine, Modeselektion Vol. 4 und Marcus Fischer & Simon Scott.
When Saints Go Machine – It’s A Mad Love
Matthias Hummelsiep: Mein erster Gedanke nach Veröffentlichung der neuen EP war: Huch, war das nicht diese Band, bei der der Sänger immer so hoch und zittrig gesungen hat? Exakt. Jahrelang hat das Quartett quasi nichts mehr von sich hören lassen. Und dennoch gibt es eine entscheidende Verbindung zum letzten Album „Infinity Pool“. Denn Rapper Killer Mike ist wieder mit an Bord und kommt gleich beim ersten Track, einer fetten Rap-Nummer, zusammen mit Sänger Nikolaj M. Vonsild zum Zuge. Im Video dazu cruised eine coole Girls Squad nachts durch die Gegend. Natürlich startet die Reise im Parkhaus, natürlich sind alle am Dauerrauchen und natürlich sind alle schwer beladen mit allerlei Schmuck. Ein schönes Spiel mit dem völlig verkorksten Bild eines üblichen Rap-Musikvideos. Trotz des vielen synthetischen Gefummels schaffen es die Dänen auf den fünf Songs mal wieder, das Popgefilde durch Zugabe von Ingredienzen aus den Bereichen Rap und Electronica nicht zu verlassen. Die Musik ist also komplex, aber bleibt gut verdaulich. Hoffentlich wird das 2019 kommende Album genauso schmutzig und düster. Übrigens wird dafür gerade mit dem Copenhagen Philharmonic Orchestra zusammengearbeitet.
Modeselektor – Modeselektion, Vol. 4
Benedikt: Gernot Bronsert und Sebastian Szary versammeln 17 Songs auf ihrer vierten Modeselektion, eineinhalb Stunden dauert der Spaß, wir kündigten den Sampler hier bereits an. Ende April konnte ich die beiden dann im Berliner Ohm sehen und hören. Nicht live, sondern ein DJ-Set war angekündigt, was allerdings ziemlich relativ gesehen werden darf. Gernot an den Decks, Szary an den Midi-Pads, eher Hybrid-, denn DJ-Set – ein wahres Feuerwerk zwischen Broken- und Breakbeat, Dubstep, Techno und Acid. Rauf und runter, links, rechts, jeder Haken wird geschlagen, totales Drumchoas – fünf Minuten gerade durchtanzen? Ist mit den beiden nicht zu machen. Macht aber gar nichts, wenn das Set zum akustischen Abenteuer wird. Die gestern auf Monkeytown erschienene Compilation bringt dieses vermeintliche Chaos in eine wohlkuratierte Ordnung, ohne den Bogen weniger weit zu spannen, als an jenem Abend. Brainwaltzera liefern den sanft-melodiösen Rave-Einsteiger, der erst mit der Bongo-Acid-Paarung von Kasper Marott aufgebrochen wird. Rødhåd und Peder Mannerfelt verpassen dem Techno nervöse Zuckungen, und mit „Kalif Storch“ wird die Peaktime auf Viervierteln eingeleitet, nur um von Fjaak und Solid Blake bereits wieder und diesmal unumkehrbar verbogen zu werden. Skee Mask, die beiden „Through My Speakers“-Member Sarah Farina & Yo van Lenz, sowie Fadi Mohem lassen die Platte langsam, deep und dubbig, letztlich ziemlich großartig ausklingen. Runder geht Compilation kaum. So darf ein Dancefloor 2018 gerne aussehen.
Marcus Fischer & Simon Scott – Shape Memory
Thaddeus: Neulich erst, beim letzten Roundtable-Gespräch und einer inhaltlichen Exkursion zum Stillstand des Indierocks, sagte Kristoffer, dass es total ok sei, dass Slowdive wieder auf Tour sind: So bekäme deren Schlagzeuger Simon Scott genug Geld, um seinen „weirden Solo-Kram“ zu machen. Hat er gerade wieder gemacht: gemeinsam mit Marcus Fischer. Tatsächlich hingen beide einen Tag lang gemeinsam in Portland rum, als Slowdive gerade nicht spielten. Ein Termin, der gut vorbereitet war. Beide hatten sich schon längere Zeit Loops auf Tonband geschickt, die es nun zu ordnen und anzureichern galt. Ist ihnen wunderbar gelungen. Auf kontinuierlich rumorendem Teppich (aus eben diesen Loops), pusten beide herrlich glitzernden Sternenstaub aus Percussion, Becken und mit Kontaktmikros aufgenommenem Geräusch in den Raum, in dem Gitarren gitarren und Synthesizer synthesizern. Manchmal fühlt man sich dabei wie mittendrin und noch mehr dabei, manchmal aber auch wie hinter einer schallschluckenden Glasscheibe, durch die man die beiden zwar beobachten kann, die Musik jedoch nur durch einen unterdimensionierten Lautsprecher den Schallschutz überwindet. Wundervoll auf den Punkt improvisiert.