Wochenend-WalkmanDiesmal mit Vril, Haley und Scuba

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Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Brandneu, wieder entdeckt oder aus der Geschichtskiste ausgebuddelt. Heute mit Vril, Haley und Scuba.

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Vril – Anima Mundi

Thaddeus: Wäre der Dubtechno ein Hochhaus: Gäbe es tatsächlich noch Fenster, in die Producer noch nicht hinein produziert haben? Vril beantwortet die Frage auf seinem neuen Album nicht wirklich – zieht die Blende aber weit genug auf, um in diesem doch klar definierten und vorbildlich abgegrasten Genre noch ein wenig neues Licht einzufangen. Die ersten 12"s von ihm auf Staub, also Giegling, hatte ich noch mitgeschnitten und auch sehr gemocht, ihn danach aber aus den Augen verloren. So auch die dieses Jahr erschienene Maxi „Haus“, die hier in einem Rework vorliegt. Die verrauschten Akkorde erinnern mich harmonisch sehr an Dave Ajus „First Love“ und zaubern ein Lächeln auf die Ohren. Der Rest ist gelernt: Zwischen eher ambienten Exkursen und an die Kraft der Bassdrum gekoppelten Stücken wird hier so ziemlich jedes Register der Dub-Orgel beherzt gezogen. In diesem steten Auf und Ab entwickelt sich ein nachhallendes Ganzes, das nicht zufällig auf Delsin erscheint, sondern vielmehr in den Amsterdamer Kosmos hervorragend passt und ihn um eine weitere Sternenguckerei ergänzt. „Anima Mundi“ gab es wohl schon mal – als Kassette vor ein, zwei Jahren während einiger Shows verkauft. Nicht weiter schlimm und einige Details wurden bestimmt getauscht, gestrafft und feinjustiert. Dieser Ansatz scheint ohnehin ein gutes Stichwort. Man wird das Gefühl nicht los, dass Vril an mehreren Stellen den Historiker gibt. Bei „In Via“ zum Beispiel, das mir eine ausgewiesene Remix-Replik für Vainqueurs „Solanus“ zu sein scheint – aufgebrochen und neu gedacht. Das eigentlich ja vergleichsweise starre Korsett des Dubtechno interessiert Vril sowieso nicht. Dazu hat seine Version von Detroiter Pop zu viel Sonne getankt. Gut so.

Haley Pleasureland Cover

Haley – Pleasureland

Ji-Hun: Die Künstlerin Haley McCallum hat nachdem sie lange Zeit als Haley Bonar Alben veröffentlichte nun ihre musikalische Nomenklatur noch weiter reduziert und tritt nun als Haley in die Öffentlichkeit. Haley kennt man gemeinhin als Singer-Songwriterin. Daher überrascht es umso mehr, dass ihr neues Album „Pleaseureland“ gänzlich ohne Stimme, Strophen und Refrains auskommt. Hier zeigt sich aber die wahre Größe ihrer musikalischen Fähigkeiten. Impressionistische, kluge Klavierskizzen, dronige Gitarren, das röchelnd Rauchende von Americana und ein souveränes Gespür für ausgefeilte Arrangements und Komposition. In einer Popwelt, in der gemeinhin Frauen zu singen haben, wenn sie als Musikerin wahrgenommen werden möchten, ist das ein Statement, das sich gut und richtig anfühlt und viele besserwisserische männliche „Neo-Klassik“-Klimperer, die zwei Jahre nach Satie im Klavierunterricht meinen damit ganze Alben füllen zu müssen, auf die Nachsitzbank verweist.

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Scuba – A Mutual Antipathy Revisited

Benedikt: Während die Erstsemester der Berliner Hochschule für Techno, Tanz & elektronische Kammermusik am Wriezener Bahnhof sich zwar gern zu den Sets von SCB bewegen, aber den Bezug dieser drei Buchstaben zum Dubstep erstmal nachschlagen müssen, wünschen sich die älteren Alumni nichts lieber als die Ergänzung von „a“ und „u“ zum Namen Scuba zurück – bei gleichzeitiger Verbannung der Vierviertel aus jeglichem Output des in Berlin lebenden Briten. Ganz egal, wo man sich zwischen diesen beiden Polen einordnet: Das Debüt von 2008, gestern als „Revisited“ samt der damals separat veröffentlichten Remixe via Hoflush erschienen, markiert grob gesagt den Wendepunkt im musikalischen Schaffen Scubas, mit dem die angesprochene Polarisierung überhaupt ihren Lauf nahm. Immerhin ist er mit dem hier enthaltenen SCB-Edit des Tracks „Hard Boiled“ auch das erste Mal unter seinem verkürzten Techno-Alias in Erscheinung getreten. „A Mutual Antipathy“ ist jedenfalls ein Release, bei dem sich Dubstep und Techno von Paul Rose noch eng umschlungen in den Armen gelegen haben – und sich nun 10 Jahre später zur Versöhnung wieder treffen. Da kommen die Drum-Patterns und Subbässe direkt aus UK, während ambiente Pads und Leads das britisch-brachiale mit knappen und doch raumgreifenden Melodien kontrastieren. So muss es klingen, wenn sich London, Berlin und Detroit treffen um eine IDM-Platte zu machen. Auch eine Dekade danach noch wunderschön.

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