Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. Und im Zweifelsfall einfach ein kurzweiliger Zeitvertreib ist.
##Uffe – No!
Ji-Hun: Zwei Alben in zwei Jahren herauszubringen, geht in heutigen Zeiten fast als Punk durch. Der dänische Producer Uffe hat nach seinem Debüt „Radio Days“ vom letzten Jahr scheinbar Feuer gefangen und gar nicht erst angefangen, groß Remixaufträge oder Club-EPs zu planen. Zack, einfach mal neuer Longplayer da. „No!“ heißt das zweite Album passenderweise ein bisschen trotzig und erscheint wie der Vorgänger auch auf dem immer sympathischen Berlin-Kopenhagener Label Tartelet Records, das zuletzt mit Glenn Astro und Max Graef vor allem die HipHopper unter den Ravern verzaubern konnte. Uffe Christensen bedient eine ähnliche Klientel. Einflüsse und Samples aus altem Funk, Soul, House, Disco, Kraut und Jazz gibt es hier zuhauf. Allerdings ist das Ergebnis im positiven Sinne poppiger. Weniger Sample- und Beatdeklination als viel mehr auch einfach mal Song. Fluffig und luftig arrangiert und von der weißbrotigen Soulfulness durchaus Parallelen zu The Whitest Boy Alive mitbringend. Und so viel Verweigerung gibt es auf der Platte auch gar nicht. Eher ein funkelnder, akustischer Kaminersatz. Wenn es mal wieder etwas Licht und Wärme im arschkalten M29 braucht.
##Banks – The Altar
Benedikt: Wer „Goddess“ schon mochte, wird keinerlei Schwierigkeiten mit „The Altar“ haben. Banks hat den Singer-Songwriter-Einschlag, der auf Goddess immer noch sehr präsent war, weiter in den R’n’B- und Pop-Schatten treten lassen und wagt stimmliche Ausbrüche. Ein Wispern, ein Shout, leicht nasale Gesänge. Nicht immer ist die Musikerin aus L.A. stimmlich auf dem Punkt, aber die kurzen Momente der Unreinheit schaffen Reibung und machen „The Altar“ überhaupt erst zum angemessenen Nachfolger ihres Debüts. Assoziationen zu anderen Künstlern sind omnipräsent: Ein bisschen Lorde, ein bisschen FKA Twigs, mal die großen Pop-Avancen wobei man Banks keinerlei Nachahmung vorwerfen kann. Auf Tracks wie „This Is Not About Us“ schießt Jillian Rose Banks dann aber doch übers Ziel hinaus, bewegt sich musikalisch in Richtung Destiny’s Child und Timbaland, obwohl sie das doch gar nicht nötig hätte. Banks mit Girlie-Note? Bitte niemals. Banks ist immer dann am besten, wenn sich über einen vertrackt, zerstückelten Beat ihre eiskalte und in der Tiefe so einzigartig durchklingende Stimme legt und man es am Ende immer noch Pop nennen kann. Zum Glück hält „The Altar“ genügend solcher Momente bereit.
##The Notwist – Superheroes, Ghostvillains + Stuff
Thaddeus: Ich mag Live-Alben. Das verstehen viele Menschen nicht, und wenn ich dann noch anfüge, dass es vor allem die Live-Alben sind, auf denen man das Publikum richtig gut und knackig hört, ernte ich oft nur noch Kopfschütteln. The Notwist veröffentlichen heute genau so ein Live-Album, aufgenommen im Dezember 2015, in Leipzig. Scheint ganz gut gewesen zu sein. Tracks der letzten drei Alben poltern hier rauf und runter, von links nach rechts, vor allem aber querfeldein. Dass was auf Platte immer komplexer wird, diese Vermengung von solidem Indie und gerade in letzter Zeit fast schon kruder Elektronik, bricht live nicht auseinander. Im Gegenteil. Funktioniert sogar noch besser. Und das, obwohl mittlerweile ein Hochhaus zwischen beide Ebenen passt. Denn Notwist sind ja auch amtliche Verweigerer, spielen ihre kleinen Gitarren-Melodien runter, als wäre es 1983, sampeln sich selbst, kommen mit Plattenspieler und Dubplates auf die Bühe: Das wäre alles gar nicht nötig, wenn sich die Bande mal richtig hinstellen würde, den Rücken durchdrücken und den Groove nicht nur den Maschinen überlassen würden. Aber: The Notwist verzeiht man alles. Ist ja auch ganz gut so. Was hätten wir übrig gebliebenden Indie-Kinder der 90er denn sonst noch. Wir sind mit der Band alt geworden. Während dieser Zeit ist viel passiert, auch bei The Notwist. Einer Band, der man vieles vorwerfen kann, eines jedoch bestimmt nicht: Museales Revival-Tum. Dafür lebt die Band viel zu sehr in ihrer eigenen Welt. Und wenn sie bestimmte Sounds eben erst ein paar Jahre später entdecken als alle anderen, dann macht das nichts. Dann hört man die Live-Version von „Consequence“. Klappe zu, Affe tot.