Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Topdown Dialectic, The Roots und 36.
Topdown Dialectic – Vol. 2
Benedikt: Wer oder was oder wie viele sich hinter Topdown Dialectic eigentlich verbergen, wissen wir auch ein gutes Jahr nach Erscheinen der ersten Platte nicht. Ist aber nicht weiter schlimm, denn nichtsdestotrotz versorgt uns das Label Peak Oil mit einem Nachfolger aus erkennbar gleicher Feder. „Volume 2“ folgt dem exakt gleichen Prinzip wie der Vorgänger: Acht titellose Nummern à fünf Minuten Spielzeit, wieder eine sanfte Dekonstruktion des diesmal durchaus expliziten Dub-Techno-Floors, wobei die A-Seite als langsamer Abstieg in die dunkle Hall-dominierte Dub-Welt fungiert. Eine Platte wie ein Tauchgang, jeder Titel ein kurzes Innehalten auf dem Weg nach unten, damit sich der Körper an den erhöhten Druck gewöhnen kann. Und weil sich das Umschauen lohnt: die anfangs verschwommen schimmernden Synth in einem noch lebendigem Umfeld, die zunehmend schwindende Sichtbarkeit jedes akustischen Ursprungs. Das ist alles ziemlich phänomenal. Diese Platte ist noch lange nicht durchgehört.
The Roots – Things Fall Apart
Ji-Hun: Das Album „Things Fall Apart“ der Band The Roots wird zum 20. Jubiläum wieder aufgelegt. Das ist heute erstmal im Reissue- und Deluxe-Edition-Wahnsinn nichts besonderes. Bei vielen Platten stellt man fest, dass sie vielleicht doch nicht so toll gewesen sind oder sehr mit einer bestimmten Teenager-Anger-Sozialisation zusammenhängen. Hier ist es eher so, dass die Platte auch rückwirkend für mehr steht, als nur ein grandioses HipHop-Album zu sein. Zunächst gab es mit „You Got Me“ 1999 den ersten großen kommerziellen Hit der Band aus Philadelphia. Und in der Radiogassenhauergeschichte überhaupt dürfte es wenige Hits geben, die so aufrichtig und cool gewesen sind wie dieser mit Erykah Badu. Ich erinnere mich, als plötzlich alle wie ?estlove Schlagzeug spielen wollten, aber keiner hinbekam. HipHop nach speckreichen Bad-Boy-Jahren auch im Mainstream wieder conscious Credibility zurück bekam. Mos Def, Common, Jill Scott, D’Angelo – erinnert sich noch jemand an Neo Soul? Waren doch ganz gute Zeiten. In den USA sind The Roots heute vor allem als Showband von Jimmy Fallon noch immer große TV-Stars. Dieses Jahr sollen sie in Berlin mit Yasiin Bey (Mos Def) die Verti-Halle abgerissen haben. Wäre ich doch mal hingegangen.
36 – Fade To Grey (Reinterpreted)
Thaddeus: Das Werk von Dennis Huddleston war mir bislang nicht geläufig. Dabei hat der Engländer schon knapp 20 Alben vorgelegt. Die aufzuarbeiten dürfte einige Zeit dauern. Kümmere ich mich also um seinen aktuellen Release, eine Neubearbeitung seines noch gar nicht so alten Albums, die es bislang nur als Bonus-CD gab, die wiederum dem modern-verknapppten Vinyl beilag. Das Original plätschert herrlich – das hier wummert. Ambient kann so mitreißend sein. Huddlestons Mixe klingen wie das, was damals wohl am Set von Blade Runner am Crew-Imbiss lief, um alle Beteiligten gleichzeitig zu beruhigen und bei der Stange zu halten – packende und intensive Walls Of Sound, die als semipermeable Installation die Richtung weisen. Der Sog ist eindeutig und unausweichlich. Und hat man die Schwelle überschritten, wartet kein dystopisch angemalter Kitsch, sondern das, wonach wir alle tagein, tagaus streben: über den Dingen zu schweben. Huddleston stützt uns dabei, bleibt kompositorisch jedoch wage – bewusst oder unbewusst. Fade To Grey (Reinterpreted)“ ist kein Album, an das man sich im Nachhinein wirklich erinnert, keines, dass man mitsummen könnte. Es ist da, passiert, verschwindet. Oder beginnt einfach von vorn.