Wochenend-WalkmanDiesmal mit Swayzak, The Gentleman Losers und Moby

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Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen.

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Swayzak – Lost Tapes

Benedikt: Nach einem fast fertigen Jahr mit unzähligen tollen Reissues (zum Beispiel „Metro Area“) und Retrospektiven kommt Swayzaks „Lost Tapes“ im Prinzip zu spät, um noch einen Platz in irgendeiner der derzeit kursierenden Jahresbestenlisten zu ergattern. Das ist schade, denn verdient hätte das einstige Duo es, von dem seit 2012 nur noch David Brown übrig ist. Kein Streit zwischen ihm und James Taylor, man habe sich im Guten getrennt. David macht allein weiter, James macht eben was anderes. 1998 haben die beiden Briten ihr Debütalbum „Snowboarding In Argentina“ veröffentlicht und wurden damit zu einem der entscheidenden Wegbereiter einer Musik, die heute unter dem Schimpfwort Techhouse zusammengefasst wird. Das Album gilt bis heute als Goldstück, die darauffolgenden Releases kamen nie an diesen Status ran, da half auch der Labelstempel von !K7 oder M_nus nichts. Erst ging den beiden ein gutes Stück des eh schon knapp dosierten aber doch essentiellen UK-Rave-Feelings verloren, dann kamen die Vocals, dann kam der Pop, dann kam die Irrelevanz. An den brillanten Einstieg konnten sie jedenfalls nicht wirklich wieder anknüpfen. Von daher: Schon ok, James. Sicher wird er seine Zustimmung für diese Veröffentlichung mit dem von CAN abgeguckten und daher etwas hochtrabenden Titel „Lost Tapes“ gegeben haben. Zwanzig Tracks, aufgeteilt auf zwei Parts zum ausgiebigen Blättern in den schönsten Deep-House-Memoiren. Mehr will man dazu gar nicht sagen – Lean-Back-Mucke vom Feinsten.

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The Gentleman Losers Permanently Midnight Cover

The Gentleman Losers – Permanently Midnight

Thaddeus: Ok, Lieblingsalbum des Jahres im letzten Walkman 2017: durchatmen. Ich bin befangen und verdorben und kann mich dennoch nicht der Magie entziehen, dass das dritte Album von Samu und Ville Kuuka ausstrahlt, diese beiden Finnen, die wie sonst niemand auf der Welt die Realität hinter dem Mollton der Geschichte drapieren und die Dinge dann einfach auf sich zukommen lassen. Die Musik der Gentlemen (nicht Losers) war von Anfang an geprägt und bestimmt von einer Vergangenheit, die einerseits alles andere als vergangen ist, und andererseits so vertraut ist, dass sich die Relevanz für das Heute und Jetzt ganz von allein ergibt. Genau das ist auch die Geschichte der dritten LP – mit dem feinen Unterschied, dass die Mikrofone streckenweise offen sind und bleiben und wir so die Chance bekommen, endlich dem zu lauschen, was bei den Aufnahmen und der konstanten Auseinandersetzung mit dem Denk- und Machbaren in Helsinki so geflüstert wird. Die Kuukas haben immer Songs geschrieben, jetzt – 2017 – finden die Worte und Phrasen zu den Tönen. Das eröffnet eine vollkommen neue und bislang unbekannte Dimension im Kosmos der beiden Multiinstrumentalisten. Hier kommt endlich das zusammen, was man im Geiste schon längst zusammen gedacht hatte: Wer solche Melodien schreibt, solche Arrangements bewältigt, der soll auch gehört werden – muss gehört werden. Ganz egal, wie verwabert und weit weg die Wortfetzen in unseren Ohren klingen. Die Musik? Immer noch ein gemessen an den aktuellen Standards niedrig aufgelöster und beschwippster Traum, in denen die besseren Zeiten die tragende Rolle spielen. Geschichten, Emotionen, Gefühle eines Paralleluniversums, das uns allesamt am Leben erhält, ein Refugium für die Momente, wenn die grelle Realität einfach zu grell scheint. Dieser Soundtrack bekommt nun eine in verwaschene Worte gepackte Stimme. Die beste neue Platte des schon so alten Jahres.

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Moby – Animal Rights

Susann: Kürzlich hörte ich die Moby-Biografie „Porcelain“, die Jan-Peter hier schon mal empfahl. Neben seiner tatsächlich berührenden, persönlichen Geschichte und den Popstar- und Backstage-Anekdoten überraschte mich am meisten von Mobys inniger Verbindung zum Punkrock und zu Bands wie Agnostic Front zu hören. Seine Schilderung, wie er den großen Wunsch – eine Punkrockplatte zu machen – verwirklichte, wie irritiert sein Umfeld reagierte und wie vernichtend die Kritiken damals waren, ist komisch und betrübend zugleich. Zugegeben, allein altersbedingt und einer Jugend, die eher von Indie, Punkrock und Metal geprägt war, hatte ich den Raver-Moby nie so sehr auf dem Radar. Als 1996 „Animal Rights“ erschien, wurde ich gerade eingeschult und fand noch aufgrund des väterlichen Einflusses Citys „Am Fenster“ toll. Und nun höre ich 21 Jahre später Mobys schlimmstes oder – die Geister scheiden sich sehr – „most underrated“ Album. Ein bisschen habe ich mir gewünscht, ein Juwel zu entdecken und es gibt tatsächlich ein paar eingängige Songs, wie der griffig betitelte „That’s When I Reach For My Revolver“. Ein Großteil der restlichen Nummern ist natürlich sehr wütend, wie der programmatische Albumtitel ja auch verlangt, aber dann doch (selbst für Punkrockverhältnisse) etwas schrottig. Das erhoffte Juwel kommt jedoch am Ende: „Love Song for My Mom“. Ein trauriges Instrumental-Stück, was aus dem Plattenkonzept fällt, im Zusammenhang mit Mobys Biografie doch viel Sinn ergibt.

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Rewind: Klassiker, neu gehörtAlva Noto ‎– Xerrox Vol.1 (2007)

Leseliste 17. Dezember 2017 – andere Medien, andere ThemenDer Lügenpräsident, schusssichere Haute Couture, Hype um ein erfundenes Restaurant und seltene Krankheiten