Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. Und im Zweifelsfall einfach ein kurzweiliger Zeitvertreib ist.
##Stars Of The Lid - The Tired Sounds of Stars of the Lid
Thaddeus: Die letzte E-Mail gestern Abend kam von Brian. Brian ist ein wirklich liebenswerter Promoter aus den USA, der in der Regel nur Gutes zu verkünden hat. So auch gestern. Die beiden großen Alben von „Stars Of The Lid“ werden im August endlich wieder auf Vinyl erhältlich sein. Tolle Nachrichten, auch wenn man natürlich abwarten muss, ob das auf Schallplatte dann ebenso toll klingt. Ich habe das erweiterte Universum von Adam Wiltzie und Brian McBride schonmal in dem Walkman gesteckt, dieses Album hier ist aber the real shit. Und eines der beiden, die nun wieder auf Vinyl erscheinen sollen. Mir geht es gar nicht darum, dieses Album von A bis Z konzentriert zu hören. Mit über zwei Stunden Länge wäre das vielleicht einfach auch zu viel verlangt. Folgt dem alten Prinzip Ambient. Anmachen, kurz darauf achten, wegdriften, sich um andere Dinge kümmern, die Musik kurz vergessen, ausblenden. Die Tracks erobern sich die Aufmerksamkeit ganz automatisch zurück. Immer wieder. Flüchtig und intensiv zugleich. Eine wunderbare Platte.
##Couch - Profane
Ji-Hun: Indie, Rockmusik und Deutschland hatten schon immer ein schwieriges Verhältnis. Wie bei vielen anderen Spielarten der Popmusik auch, ist die Sprache schonmal ein Problem. Bands, die Englisch singen, müssen erstmal beweisen, dass sie besser sind als die Konkurrenz aus USA, Kanada und UK. The Notwist ist das ohne Frage gelungen, aber sonst nicht vielen. Singt man auf Deutsch, ist das Feld eigentlich auch schon ziemlich beackert. Tocotronic, Blumfeld, meinetwegen auch Tomte oder man landet wieder ziemlich schnell bei mainstreamigem Universal-Deutschrock, was Tocotronic aber mittlerweile ja auch sind. Für ambitionierte Musiker noch viel schlimmer, in nichtdeutschsprachigen Ländern interessiert es keinen. Auftritte in Japan, Irland, Australien kann man sich prinzipiell abschminken. Pop aus Deutschland ist eigentlich – so glaube ich – dann oft gut, wenn man einfach mal die Schnauze hält und sich aufs Musik machen konzentriert. Eines der Highlights dieser Gattung ist das Album „Profane“ von der Münchner Band Couch. Erschienen ist es 2001 auf dem damals ziemlich angesagten Label Kitty-Yo. Zu der Zeit hat man zu so was Post-Rock gesagt. Der Einfluss aus Weilheim, aber auch aus Chicago und dem Touch & Go-Umfeld ist nicht zu überhören. Zu dem Zeitpunkt als „Profane“ rauskam und ich die Platte kaufte, wohnte ich noch nicht in Berlin. Heute, wo ich sie für das Wochenende herausgekramt habe, stelle ich erst fest, dass auf dem hübschen Cover doch das Sommerbad am Humboldthain im Berliner Wedding zu sehen ist. Dort um die Ecke habe ich viele Jahre gewohnt, das Schwimmbad mit all dem liebenswerten Gesundbrunnen-Prollcharme kenn ich nur allzu gut. Aber ist es das wirklich oder hat man irgendwo in Bayern 1:1 das gleiche Schwimmbad gebaut? Ich bin perplex.
##Emika - DREI
Benedikt: Oh 2015 meldet sich Emika mit DREI zurück? Nix da. Sie ist schon vor Wochen auf der Bildfläche erschienen: mit Klavírní, einem reinen Piano-Album. Das ist völlig an mir vorbeigegangen. Und ein eigenens Label hat sie kurzerhand auch noch gegründet. Damit steht Emikas doch sehr eigenem Produktionskopf kein widerwilliger A&R-Manager mehr im Wege. Und dem eigenen Kopf in Sachen Visualisierung anscheinend auch nicht – wenn man sich das Cover mal ansieht. Hoffentlich klingt DREI nicht annähernd so glossy, wie der Cyborg-Dress auf der Hülle befürchten lässt – war mein erster Gedanke. Auf ihrem ersten Album fand ich Emika noch ganz großartig: düstere, zerstückelte Melodien auf Bässen, die auch Nachbarn fühlen konnten. Dazu ihre Stimme, wie ein Instrument, nur eine Spur zwischen anderen. Songs wie „Common Exchange“ und „Drop The Other“ überzeugen jetzt noch mit ihrem Spagat aus Schlichtheit und Komplexität. Auf „DVA“ bekam die Stimme dann mehr Raum, der Bass weniger. „Endlich traut sie sich!“, riefen die Musikmedien. Ich nicht. Ich fand es schade, auch wenn „Sing To Me“ einem die Schuhe ausgezogen hat. Nun also DREI. Noch immer liegen fast allen Tracks die tiefen Frequenzen zugrunde. Darüber schiebt sich mehr und mehr klassisches Songwriting und Electronica, wenn auch in unterschiedlichen Gewändern. Kein Track bleibt Instrumental, alles funktioniert direkter und weniger komplex. Ich bin fast geneigt zu sagen: Meine Zeit mit Emika ist vorbei, denn ein Zurück scheint es nicht mehr zu geben. Das kann ich aber auch nicht. Erstens: Dafür bleibt Emika zu spannend – ist doch kein Album wie das andere. Und auch DREI kommt schließlich nicht ohne Highlights, namentlich „Without Expression“, „What’s The Cure“ und vielleicht noch „Rache“. Zweitens: Manchmal braucht ein Album zwei Anläufe, deshalb höre ich es jetzt nochmal.