Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute hören wir Skyzoo, M.E.S.H. und Shuttle358.
Skyzoo – In Celebration Of Us
Ji-Hun: Nachdem ich vor zwei Wochen bereits den guten Start des (Indie-)Rockjahrs begrüßt habe, muss ich erfreut feststellen, dass nun auch ein erstes Lieblings-HipHop-Album dazu gekommen ist. „In Celebration Of Us“ nennt sich dieses kleine Meisterwerk von Skyzoo. Skyzoo ist Gregory Skyler Tayler aus Crown Heights, wurde 1982 geboren und arbeitete schon mit J Dilla und 9th Wonder zusammen. Heißt: er ist schon eine ganze Weile dabei, zu großem Ruhm (vor allem auf dieser Seite des Atlantiks) hat es dennoch nicht gereicht, was vielleicht auch ganz gut so ist. Skyzoo ist ein fantastischer Künstler und Handwerker, der es irgendwie schafft, die Lücke auszufüllen, die Jay-Z in New York nach seinem Aufstieg zum Megastar hinterlassen hat. Bereits der über 8 Minuten lange Einstiegstrack „Everybody’s Fine“ ist eine messerscharfe Ansage. Die Produktionen und Beats von unter anderem Apollo Brown und !ILLMIND klingen brillant – die Lines von Skyzoo sind komplex, kritisch, politisch, charmant und voll mit smarten Referenzen und die klugen Kniffe sind wie gute Cliffhanger, die man immer wieder hören will. Das ist kein Tesla-HipHop. Hier soll nichts neu erfunden werden, disruptiv sein oder besonders digital-modern. Hier gibt es rauschende Jazz-Samples, Scratches und Cuts – Wie bei Nick Cave oder Bob Dylan beweist Skyzoo, dass man dann am besten wird, wenn man seinen Style und sein Erbe konsequent weiterverfolgt. Großes Tennis.
M.E.S.H. – Hesaitix
Benedikt: Ich weiß gar nicht recht, wie ich das finden oder was es bedeuten soll, dass ich in Sachen Wochenend-Walkman immer noch im letzten Jahr verharre. Andererseits ist es ja nur fair, immerhin haben die Alben der letzten zwei, drei Monate eines Jahres kaum die Chance auf irgendwelche Listenplätze und fallen am ehesten unter den Tisch musikjournalistischer Berichterstattung. Heute also James Whipple aka M.E.S.H. auf PAN. Dessen zweites Album „Hesaitix“ kommt im direkten Vergleich mit dem 2015er Debüt „Piteous Gate“ deutlich zugänglicher und rhythmischer daher. Während die erste Hälfte der LP in großen Teilen klingt, als habe man Grime und Trap-Arrangements zerlegt, um sie zu schlingernd stolpernden Technotracks an der Schwelle zur Bass Music wieder zusammenzusetzen – was ganz großartig klingt, und mich in Ansätzen an die Wirkung von DJ Pythons Album „Dulce Compañia“ aus dem letzten Jahr erinnert – franst „Hesaitix“ gegen Ende inhaltlich aus, vergeht sich in Geräuschgewittern, die zwar bloß kurze Zwischenstücke sein sollen, aber inmitten der großartigen Rhythmen letzten Endes redundant sind. Was dem HipHop der Skit, dass dem Techno der Drone- oder Ambient-Einwurf – geschenkt. Was bleibt ist große und düster ekstatische Tanzmusik, wie ich sie lang nicht mehr gehört habe. Am 09. Februar bespielt das Janus-Kollektiv, zu dem auch James Whipple gehört, die Säule im Berghain. Sicher den Besuch wert.
Shuttle358 – Field
Thaddeus: Immer wenn Dan Abrams den Computer anschaltet, werde ich hibbelig. Das war meines Wissens nach im Mai 2015 zum letzten Mal so, und nein: Ich ziehe hier keinen direkten Vergleich. Für mich ist Abrams ein Held. Nicht nur, weil er mit „Frame“ eines der besten Alben aller Zeiten produziert hat, sondern vor allem, weil er sich danach nicht auf diese knisternd-unscharfe Melancholie festlegen ließ und seinem digitalen Baukasten immer wieder neue Unfassbarkeiten entlockte, die ich mal mochte, mal nicht. Wichtig ist: Abrams ist ein Guter. Genau wie „Field“, sein neues Album. Mit dessen Tracks habe ich den fast-schwierigsten Monat des Jahres – den Januar – ganz gut überstanden. Es clickt und cuts’t, die dräuenden Flächen dräuen, und es ist eine fast schon unbeschreibliche Wohltat, mit diesem Sound die 5.000 Shades Of Grey des urbanen Winters zu erkunden. 2018 wird plötzlich klar: Dieser ganz spezielle Electronica-Entwurf – das Reduzierte, das Minimale, das leider zu oft auf den Galerie-Prellbock prallte und dann – natürlich – im Sekt auf Eis ertrank, ist aktueller denn je. Hört man das neue Album von Dan Abrams quasi rückwärts, dann treten die sonischen Bömbchen kristallklar in den Vordergrund. Dieser US-Amerikaner hat die letzten knapp 20 Jahre der elektronischen Musik entscheidend geprägt. Mit einem durch die Lupe ins Visier genommene Sound Design, mit einer unfassbar einzigartigen Haltung, die nie Verweigerung buchstabierte, sondern vielmehr einen alternativen Weg aufzeigte. „Field“, das ist eine sehr gute Platte eines sehr guten Musikers, dessen Einfluss auf die Kulturgeschichte genau dann zum Standard des Kulturbetriebs werden wird, wenn Abrams und wir das Zeitliche gesegnet haben.