Wochenend-WalkmanDiesmal mit Severnaya aka Conforce, Black Panther und Mija

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Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute hören wir Severnaya, Black Panther und Mija.

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Severnaya – Polar Skies

Thaddeus: Der Techno von Boris Bunnik ist immer dann besonders gut, wenn die Beats von diesen unfassbar deepen Flächen und Atmos so weit ausgebremst werden, dass erst dieses Miteinander die wahre Geschichte erzählt. Seine zahlreichen Releases als Conforce belegen das. Für sein neues Projekt widmet sich der Holländer genau dieser Komponente seines Sound-Kosmos’ ohne rhythmische Ablenkungen. Severnaya, das ist russisch und bedeutet soviel wie „nördlich“ – James-Bond-Fans wissen Bescheid. Bunnik referenziert die Gegend in Holland, in der er geboren wurde, genauer gesagt auf der Insel Terschelling. Schaute er dort am Strand in Richtung Norden, dann war das nur das Meer. Und scharf links irgendwann Großbritannien. „Polar Skies“, das sind acht ambiente Miniaturen, die so dringlich wie unnahbar an einem vorbeifließen. Die Assoziationsmaschine rattert derweil auf Hochtouren – große und epische Klassiker der Ambient-Musik werden hier von Bunnik angetäuscht. Bewusst oder unbewusst ist dabei vollkommen sekundär. Wichtiger ist, dass sich hier jemand auf ein schwieriges Unterfangen einlässt und es grandios meistert. Wie kann man heute in diesem Genre noch etwas bewegen, wenn man weder modern und garstig noch klassisch-verkitscht klingen möchte? Und natürlich findet Bunnik die Lösung in der unterschwellig immer mitschwingenden Zeichensprache des Techno und der dort noch unterschwelliger präsenten Feinfühligkeit, die diese Musik einst ausmachte. Wenn Bunnik also am Strand von Terschelling steht und scharf links in Richtung Großbritannien schaut, stimmt die Richtung. Und irgendwo dahinter liegt Detroit.

Black Panther Cover WW10022018

Black Panther: The Album

Ji-Hun: Glaubt man den ersten Kritiken im Internet ist der nächste Woche anlaufende Marvel-Film „Black Panther“ ein solider Geniestreich. Ein Credibilityregen für das strapazierte Disney-Franchise. Die Umsetzung begeistert nämlich vor allem die afroamerikanische Community und noch größer war die Überraschung als Kendrick Lamar (gerade wieder erst mit fünf Grammys überschüttet) als federführender Künstler für das dazugehörige „Black Panther: The Album“ bekannt gegeben wurde. Man fühlt sich an die 90er erinnert – Als Soundtrack-Alben zu Filmen eine eigene Kunstform waren: „Judgement Nights“, „Singles“ etc. Lamar produzierte das Album gemeinsam mit Anthony „Top Dawg“ Tiffith, seineszeichens Chef von Top Dawg Entertainment und neben Kendrick Lamar tauchen hier SZA, Vince Staples, The Weeknd, Travis Scott, Khalid, 2Chainz, James Blake und Future auf. Eine mehr als illustre Gästeliste und trotz des genetisch-bedingten Mainstream-Appeals (wir reden ja immer noch von einem Disney-Film) lässt sich das Album irgendwie dennoch gut an. Liegt zum einen mit Sicherheit an Meister Lamar, der offenbar noch immer das Händchen für das Richtige hat. Es ist aber auch ziemlich gut produziert und für mich die Möglichkeit, mich mal wieder mit dem Status Quo von Blockbuster-Musik auseinanderzusetzen.

Mija How To Measure The Distance between lovers walkman 20180210

Mija – How To Measure The Distance Between Lovers

Benedikt: Als DJ hat Mija schon die Crowds der EDM-Festivals rund um den Globus überzeugt. Auf den Megabühnen von Bonnaroo, EDC, s2o, und wie sie alle heißen, stach sie allerdings schon mit vielfältigem Sound hervor – wobei Youtube-Mitschnitte von Mixen, in denen Skrillex-Sound (gespielt an dessen Seite) genauso fester Bestandteil ist wie Chicago House und Happy Hardcore, hier zur Beweisführung genügen müssen. Coachella war darüber hinaus aber ebenfalls schon Teil der Tourliste und bei der eigens auf die Beine gestellten Tour lieferten Künstler wie Nosaj Thing oder A-Trak den Support. Bislang stand Amber Giles aka Mija damit vor allem für Spaß an Musik, mit der sie – mal bewusst ganz positiv ausgedrückt – Massen begeistern konnte, weit abseits von subkulturellen Konventionen und damit einhergehenden Zwängen. Mit ihrer EP „How To Measure The Distance Between Lovers“ tut sich aber eine völlig neue Seite auf, eine, die bisher gar nicht zu sehen war, auf der kleinen Kanzel zwischen den gigantischen LED-Screens unterm Festivalfeuerwerk. Zerbrochene Beziehungen, verflossene Lieben sind der Inhalt intimer Popmusik über stückeligem Synthies und UK-Beats, als Autotune in R’n’B-Momenten oder chopped auf kühl geradem Clubsound, der mit weniger als drei Minuten Länge aber weit hinter jeder Tanzflächentauglichkeit zurückbleibt. Und auch wenn man über die Musik geschmacklich streiten kann: Was immer dieser EP als nächstes folgen wird, darf man aus Richtung Popwelt mit Spannung erwarten.

Food-Basics: Was ist gutes Bier?Brauen im Selbstversuch

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