Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. Und im Zweifelsfall einfach ein kurzweiliger Zeitvertreib ist.
##Roman Flügel – All The Right Noises
Ji-Hun: Roman Flügel hat zwei Jahre nach seinem letzten Album „Happiness is Happening“ einen neuen Langspieler fertig gemacht. „All The Right Noises“ heißt nun diese Episode seines kreativen Schaffens und kommt wieder bei Dial Records heraus. Wenn Roman Flügel auflegt, weiß er weiterhin eine Crowd zu packen, zu lenken und zu ekstatisieren. Hört man indes seine Alben, meint man zu merken, dass die Sounds immer impressionistischer werden. Ambient, Dub, krautige Synthesizer. Wenn auch die DNA von Techno noch in den Nummern vorhanden sein mag. So richtig Club im herkömmlichen Sinne gibt es auch auf „All The Right Noises“ nicht mehr zu hören. Eine Konsequenz jahrelanger Produzentenerfahrung, aber auch ein State of Mind, der zeigt, dass fette Bassdrums und Breakdowns im Zeitalter von Tomorrowland, SFX-Katastrophen und komischen jungen Snapchat-DJs nicht alles sein müssen. Mich erinnert das neue Album auch (durchaus zur Freude) an Flügels frühere Zeiten, als er mit Jörn Elling Wuttke das gemeinsame Projekt Sensorama unterhielt. Indieeske Elektronik, sanfte reduzierte Synthesizer-Linien. Wohlig und angenehm. Und wer einmal ein Gespräch mit Flügel geführt hat, weiß auch, dass er ein Mensch ist, dem man einfach gerne zuhört. So fühlt sich auch diese Platte an. Housemusik für antike Privat-Bibliotheken mit großen Kaminen. Äußerst elegant und wirklich schön.
##Steve Hauschildt – Strands
Thaddeus: Könnte ein streitbares Album sein, wenn man heute noch ernsthaft über Musik streiten würde. Steve Hauschildt, früher Mitglied der Emeralds, legt diese Woche auf Kranky sein mittlerweile sechstes Soloalbum vor. Sehr ambient, sehr episch. Hauschildts Sound ist speziell. Ich will eigentlich schreiben, das klänge total digital und irgendwie nach den großen Presets noch größerer Synthesizer-Klassiker, habe aber das Gefühl, dass das gar nicht stimmt. Subtil geht anders, vielleicht ist das die richtige Formulierung. Hauschildt liebt Hall und kippt ordentlich davon über die Tracks, die – erfreulicherweise – eher kurz sind und damit nicht in eine typische Ambient-Falle tappen, in der Zeit oft egal zu sein scheint und Fokus nicht gefragt ist. Hauschildt ist tight. Mitunter auch sehr rhythmisch, vor allem aber irgendwie künstlich. Das passt zum Cover, das ästhetisch voll mithalten und kann und auch schon verrät, wohin der musikalische Hase läuft. Oneohtrix Point Never steht bestimmt total auf dieses Album. Ich bin mir da noch nicht so ganz sicher. Aber spätestens beim Titeltrack, ziemlich weit hinten versteckt, wenn die Arpeggios freundlich tuckern, bin ich für fünf Minuten und siebzehn Sekunden versöhnt und glücklich. Ist ja auch schon viel wert.
##DJ Shadow – Endtroducing (Re-Emagined)
Benedikt: Es gibt kaum eine Top-Liste – „of all time“, versteht sich – , in der das Debüt-Album von DJ Shadow nicht vertreten ist. Jetzt, nach 20 Jahren, findet die LP erneut den Weg in die Plattenläden, mit neuen Remixen und Interpretationen. Vom damaligen Charme hat sie bis heute nichts eingebüßt. Das erste instrumentale Hiphop-Album, das ausschließlich aus Samples bestand, klingt noch immer einzigartig. Das geht über Zeitlosigkeit hinaus, „Endtroducing“ klingt vielmehr brandaktuell und erinnert daran, dass „everything is a remix“ schon Programm war, als Digital Art tatsächlich noch Neuland und der Tumblr-Code noch nicht erdacht war. „Endtroducing“ funktionierte aber schon damals nach genau jenen Prinzipien, die heute relevanter denn je sind: bestehende Inhalte werden künstlerisch verändert, in neue Kontexte gesetzt und ergeben zusammen mehr als die Summe ihrer Teile – gar etwas Neues. Da verwandeln sich Funk-Samples in einen Horrorfilm-Soundtrack, liebliche Einzelspuren türmen sich zu bedrohlichen Sound-Texturen, deren Komplexität sich nur bei genauem Hinhören erschließt. Deshalb hat sich das Album nicht nur ins kollektive Gedächtnis von HipHop-Heads eingebrannt, sondern ist auch in den Dunstkreisen von Rave über Dubstep bis TripHop hängengeblieben. „Endtroducing“ saugt einen ein und dank neuer Remixe zum Jubiläum funktioniert das auch bei denen, die das Original längst verinnerlicht haben.