Wochenend-WalkmanDiesmal mit Portable, Mute Duo und Waxahatchee

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Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Portable, Mute Duo und Waxahatchee.

Portable The Transit Of Mercury Artwork

Portable – The Transit Of Mercury

Thaddeus: Alan Abrahams aka Portable hat der Dance Music in den vergangenen 20 Jahren wahrscheinlich mehr einschneidende Momente beschert als alles anderen Producer zusammen. Steile These, I know, aber sein Umgang mit Sound ist genauso einzigartig wie sein unerreichtes Crooning. „Into Infinity“ – 2011 auf Perlon erschienen – ist auch heute noch ein Meilenstein, seine 12" „Surrender“ (Live At Robert Johnson, 2014), nach wie vor einer der besten Songs überhaupt. Vier Jahre hat er sich für sein neues Album Zeit gelassen: „The Transit Of Mercury“ schwirrt und flirrt von der ersten Sekunde an in den schillerndsten Farben. Egal ob für den Dancefloor oder die eher ambienteren Momente: Jeder programmierte, gespielte und gesungene Takt seiner Musik verströmt eine Wärme, in die man sich kopfüber hineinstürzen möchte, genau wissend, dass es hier keine Untiefen gibt, keine bösen Überraschungen, nichts, was einen angreifen könnte. Klang kann Statement sein. Auch 2020 klingt Abrahams wie der gute Geist aus einer anderen Welt, die unerreichbar scheint. Und doch realer als die Realität.

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Mute Duo – Lapse in Passage

Benedikt: Wenn man vor lauter Veröffentlichungen – und auch durchaus guter – gar nicht mehr weiß, wo einem der musikjournalistische Review-Kopf steht, ist’s manchmal schlicht das Beste, sich vom Staffellauf der üblichen Kataloge abzuwenden. Pedal Steel Guitar, Drums, ein paar Effekte – that’s it. Wobei gleich gesagt sei, dass sich die klangliche Extravaganz des erstgenannten Instruments an dieser Stelle in Grenzen hält. Erst „Last Greys“, und damit der letzten Song der Platte hat mich aufhorchen bzw. daran zweifeln lassen, dass es sich hier um die üblichen sechs Saiten einer E-Gitarre plus Processing handelt. Vorwerfen kann man das Sam Wagster, der Person hinterm Instrument, wohl kaum. Denn was er und Drummer Skyler Rowe hier abliefern, lässt einen für zumindest eine Dreiviertelstunde die anstrengende Gleichzeitigkeit von reißendem Nachrichtenstrom und Quasi-Stillstand vor der der Haustür vergessen. Nur endloses Gitarrenspiel – pardon, Steel Guitar – und hinter leichtem Dunst erklingende Drums. Kein Stress, kein Gelaber. Chicago halt.

waxahatchee album cover saint cloud

Waxahatchee – Saint Cloud

Susann: Stell dir vor, es ist Frühling und keiner geht hin. Nun, diese Platte für den Wochenendwalkman kann zumindest den Frühling in den vier Wänden etwas zelebrieren. Waxahatchee – der Name des Bandprojekts um Sängerin Katie Crutchfield – verschiebt mit dieser neuen Platte den Fokus von einstigen melancholischen Indie-Rock hin zu etwas leichtfüßigerem Country und Folk. Für gewöhnlich würde ich so einen Shift bedauern, aber derzeit bestimmt ja nicht die Gewohnheit und selten hat Musik so etwas Heilsames wie in der Isolation. Meine einzige Quarantäne-Routine neben dem unfassbar vielen Nachrichten lesen ist morgens ein wirklich gut gelauntes Stück Musik zu hören. Und da ist „Saint Cloud“ ein wirklich dankbarer Kandidat, Crutchfields klarer Gesang macht in Stücken wie „Lilacs“ und „The Eye“ Lust barfuß über eine Wiese zu laufen und als Großstädterin schaut man etwas wehmütig dieses Cover an. Ein bisschen Traurigkeit gibt es auch: „Ruby Falls“ besingt eine gescheiterte Liebe und Crutchfields Zeilen sind tatsächlich sehr poetisch – „I tell this story every time/Real love don't follow a straight line/It breaks your neck, it builds you a delicate shrine.“

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