Wochenend-WalkmanDiesmal mit Oliver Doerell, Akasha System und OG Keemo

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Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Oliver Doerell, Akasha System und OG Keemo.

Oliver Doerell My Life With M Artwork

Oliver Doerell – My Life With M. (Theater Music 2008-2018)

Thaddeus: Mein alter Freund Oliver Doerell hat ein Album veröffentlicht. Eigentlich macht er das regelmäßig, ist er doch Vollzeitmusiker. Dictaphone, Swod, Cummi Flu, Raz Ohara And The Odd Orchestra: In Projekten, Gruppen und Solo-Konstellationen konfrontiert er seit jeher die Welt mit seinem Sound, der vom Großen bis ins Kleine immer wie ein Kammerspiel hermetisch abgeschlossene Hoffnung orchestriert. Für eine Platte, auf die er seinen eigenen Namen klebt, hat es bislang jedoch nicht gereicht. Was die wenigsten wissen: Doerell ist auch in der Theater- und Tanz-Szene aktiv, verhilft den Kulissen, den Gesten des Schauspiels und dem Ausdruck des Tanzes zu einem akustischen Äquivalent. „My Life With M.“ fasst seine Arbeiten zusammen, die er mit der Tänzerin und Choreographin Modjgan Hashemian in den vergangenen zehn Jahren erarbeitet hat, neu aufgenommen, neu geordnet, neu hingestellt. Wüsste man das nicht, könnte man glatt denken, es seien Stücke, bei denen seine Partner Roger Döring (Dictaphone) und Stephan Wöhrmann (Swod) schlicht noch nicht ihre eigenen Spuren eingespielt haben. Was nur für Doerell spricht. Denn sein Sound-Verständnis, seine Art des Arrangements, sein Umgang mit Samples, sein Hang zum Schichten unterschiedlichster Klänge immer im Einklang mit dem Geräusch an sich, ist einzigartig. So auch hier. Zehn Tracks, die aus dem Nichts kommen, einen für ihre Laufzeit zu 150 % in ihren Bann ziehen, und dann weiterziehen, als wäre nichts gewesen. Es sind kurze Momente der zeitmaschinellen Zuspitzung, die in ihrem sanftem Habitus eine ungeahnte Dringlichkeit mitbringen und uns ins Ohr hauchen. Denn Doerell wäre nicht Doerell, wenn er dabei nicht konsequent am Rande der Steilküste agieren würden. Es sind genau solche Platten, die einen daran erinnern, was Musik eigentlich ist.

Akasha System Echo Earth Walkman Cover

Akasha System – Echo Earth

Benedikt: „Echo Earth“ kommt wie gerufen. Passt ganz wunderbar in den gegenwärtigen Zustand zwischen den Welten aus Jahresend-Weihnachts-Struggle und Berliner Winter-Tristesse. House ist das hier – und warm obendrein. Aber nicht diese schwitzige Hitze des Dancefloors, vielmehr calm'n'cozy dank Delay und Reverb. Die Melodien ziehen weite Kreise, Akkorde werden zu Chören und lange habe ich das gediegene Deep-House-Kombi-Pattern aus Hats und Rimshots nicht mehr so genießen können wie in „Moonless Light,“ das allerdings Teil des Bonustapes „Echo Lost“ ist, was ich gerade erst gemerkt habe. Spielt aber keine Rolle, denn die insgesamt 14 Tracks sind zweifellos der gleichen Playlist würdig. Was kann es sein, dass da von der Nordostküste Oregons, aus Portland, in letzter Zeit ziemlich viel gute Musik herüberströmt? Das ist so ein Gefühl, konkretere Hinweise wollen mir gerade nicht einfallen. Das wird also gleichmal als These vermerkt, die es zu überprüfen gilt. Jetzt erstmal rein in die Mainzer Siedlung!

OG Keemo Geist Cover

OG Keemo – Geist

Ji-Hun: Für OG Keemo verlief in den letzten zwei Jahren alles sehr schnell. Im Sommer 2017 nach dem ersten eigens produzierten YouTube-Clip direkt von Chimperator gesignt. Touren mit Dendemann und RIN, das stabile Mixtape „Skalp“ von 2018. Nun haben der Rapper OG Keemo und Produzent Funkvater Frank das Album „Geist“ heraus gebracht und es ist wichtig zu betonen, dass OG Keemo kein Solo-Posterboy-Gangster-Rapper ist, sondern eine gewachsene Freundschaft und Projekt, das im Teenie-Alter auf Basketballplätzen entstand. Wie bei Gang Starr oder den frühen Eins Zwo spürt man diese Magie, wenn Beatmaker und Lyricist bestens eingespielt sind. Das ist heute in der Tat seltener geworden. Siehe die Netflix-Serie „Skylines“, in welcher der Producer auch nur dem Geld hinterherrennt und seinen besten Freund links des Mains stehen lässt. Hoffen wir, dass das hier anders bleibt. Die Produktionen auf „Geist“ sind bemerkenswert. Boombap-Vintage-Samples aus Funk, Jazz und Soul werden digital-zeitgenössisch auf volle Breite gezogen. Es dronet, Headroom is king und das Feingespür für cineastische Psychoakustik sorgen für immersive, teils krasse Atmosphären. Wie erfrischend auch kein Autotune leider einfach mal wieder ist. Die Stimmfarbe, Raps und Lyrics von OG Keemo sind eine Liga für sich. Es ist Straßen-Rap, hart, intensiv, polyrhythmisch, Storyteller-lyrisch und vor Punchlines strotzend. Auch mal persönlich und anklagend („216“), aber nie Gucci-Off-White-Angeber-Gangster-Rap, der die Modus-Mio-Playlisten dominiert. Erfrischend, tief seriös und eine ziemliche Ansage.

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