Wochenend-WalkmanDiesmal mit Niklas Paschburg, Slothrust und Jay Daniel

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Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. Und im Zweifelsfall einfach ein kurzweiliger Zeitvertreib ist.

Niklas Paschburg Cover

##Niklas Paschburg – Tuur mang Welten
Thaddeus: Eine Klavier-Platte, mal wieder. Niklas Paschburg war mir bislang noch nicht untergekommen, immerhin sind die Titel in Plattdeutsch gehalten, so gibt es wenigstens einen kleinen Novelty-Effekt. Was nicht bedeuten soll, dass dieses Mini-Album nichts kann oder gar überflüssig ist. Was Paschburg im Moment aber noch fehlt, ist eine eindeutig identifizierbare Sprache, die ihn im immer dichter werdenden Gestrüpp aus wohlklingenden Klavier-Künstlern wiedererkennbar macht. Die Ansätze hierfür sind da, nur noch nicht klar herausgearbeitet. Die sechs Tracks markieren ein stetes Ausprobieren. Da ist das Klavier (obviously), da ist die Elektronik, da sind die im Verhältnis zum Teil überzuckerten Klavier heftig komprimierten Festival-Beats, da sind die versteckten Haken. All das gleitet aber Hand in Hand freundschaftlich dahin. Sehr ausgewogen, sehr versöhnlich. Das machen andere schon seit Jahren sehr erfolgreich und produziert eigentlich nur noch Schulterzucken und latente Langeweile. Paschburg muss sich entscheiden, wohin seine Reise gehen wird. Bleibt es bei der aktuellen Mischung auf „Tuur mang Welten“, dann wird er untergehen. Nimmt er allen Mut zusammen, dann wird es spannend.

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##Slothrust – Everyone Else
Susann: Freunde der wirklich empfehlenswerten Serie „You’re the Worst“ sind vermutlich schon mit dem Indie-Trio Slothrust (ein schöner Bandname, den ich irgendwie als Sloth-rust lesen muss) in Berührung gekommen. Liefern sie doch mit „7:30 AM“ die eingängige Titelmelodie für jede Folge – „I’m gonna leave you anyway / You’re gonna walk right out that door“. Dieser Song stammt von der Vorgängerplatte „Of Course You Do“, welcher noch recht deutlich die 90er-Jahre-Indierock-Anleihen anzuhören sind. Auf dem neuen Album wird es irgendwo zwischen Garage Rock, Blues, Jazz und Grunge vielfältiger. Die düster-komischen Texte tun ihr Übriges, gerade die erste Veröffentlichung „Horseshoe Crab“ (zu deutsch: Pfeilschwanzkrebs) hat es mir in der Hinsicht angetan. „Sometimes I feel like I'm a seahorse / Sometimes I think that I'm a horseshoe crab / I don't have anything in common / With myself, except that I came from the sea“ singt Leah Wellbaum in unaufgeregter Melancholie und lässt sich im Video gemeinsam mit 90er-Jahre-Kinderspielzeug (diese Ponys und Trolle mit bunten Haaren, die man aufgrund zahlreicher Nostalgie-Buzzfeed-Listen ja nicht so wirklich vergessen konnte) vom Wasser verschlingen. Wie verträumt und merkwürdig so eine Platte mal wieder sein kann – perfekt für das Wochenende, auch ohne 90er-Sehnsucht.

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Jay Daniel Broken Knowz Walkman

##Jay Daniel – Broken Knowz
Benedikt: Jay Daniel gehört zum hoffnungsvollen Nachwuchs aus Detroit in Sachen House und Techno. Sich selbst sieht der 25-Jährige aber vielmehr als Drummer und Percussionist, auch weniger als DJ denn Musiker. Seine Ma’ ist die auch House Music besingende Soulstimme Naomi Daniel, da kam der musikalische Anspruch schon mit der Kinderstube. Klammert man das aus und legt „Broken Knowz“ auf, erschließt sich dieses Selbstverständnis allerdings auch gleich von selbst. Mit Schlagzeug und Multi-Track-Mixer schafft Jay Daniel lebendige Rhythmuswelten die alles dominieren, ständig zerpflückt und neu zusammengesetzt werden, sich gleichzeitig aber weder aufdrängen noch langweilen. Synthesizer und Keyboard stehen weit dahinter, schieben sich nur gelegentlich und in sanften Wellen nach vorne. Damit grenzt Jay Daniel sich auf seinem Debütalbum weit ab von dem, was bisher den Weg aus seinem Studio in die Plattenläden gefunden hat, denn für die Tanzfläche taugt „Broken Knowz“ weniger und wenn überhaupt erst am nächsten Nachmittag. Eher Techno für die Jazz- und Blueslounge. Wir nehmen Platz im ledernen Ohrensessel. Wo sind Whiskey und Zigarre?

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