Wochenend-WalkmanDiesmal mit Mayer Hawthorne, Said & AchtVier und Thees Uhlmann

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Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. Und im Zweifelsfall einfach ein kurzweiliger Zeitvertreib ist.

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Mayer Hawthorne – Man About Town

Jan-Peter: Der originäre Motown-Sound hat mich nie besonders berührt, mit Retro hab ich immer so meine Problemchen. Optimale Voraussetzungen also für Mayer Hawthorne bei mir, der mithin als Motown-Bewahrer gilt, und das als schmales Weißbrot. Aber irgendwie mag ich den Typen und seinen Habitus. „How Do You Do“ und auch die anderen beiden Studioalben fand ich klasse, dieses Gewitzte, Verspielte und trotzdem Poppige, was Jamie Lidell, das andere schmale Weißbrot, irgendwann gegen seinen Bademantel eingetauscht hat. Jetzt hat er sein viertes Album rausgebracht, wieder hat er alles fast im Alleingang eingesungen, eingespielt und aufgenommen. Es klingt deutlich geradliniger, ja mainstreamiger als zuvor. Gut, hier mal eine Reggae-Exkursion, da blitzen Steely Dan mit etwas Chromatik auf. Insgesamt aber wesentlich Coffee-Shop- und Flughafenlounge-tauglicher als die Vorgänger. À propos Flughafenlounge: Ich war kürzlich in Paris CDG, es lief Superdiscount auf dem Klo. Gleicher Track sogar. Das lief es vor vier Jahren dort auch schon. Der Musikbestimmer dort scheint Etienne-de-Crecy-Fan zu sein. Oder es ist Etienne de Crecy. Zurück zu Mayer Hawthorne: Ja, kann man machen, so ein gängig-glattes Album. Aber nur, wenn ich weiß, dass das nächste dann wieder so knuffig wird, dass ich mich wieder ärgere, dass ich lesen muss, dass er gestern in Berlin gespielt hat und dass ich nicht da war.

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Said & AchtVier – 50/50

Benedikt: Obwohl Deutschraps Künstlerlandschaft dicht und vielseitig ist wie nie zuvor, bleibt nur wenig im Gedächtnis. Manche überdauern kaum ihren eigenen Teilzeit-Hype, andere produzieren zwar Top-Ten-Album nach Top-Ten-Album, kommen aber weder musikalisch noch lyrisch weiter. Konzepte und Sounds nutzen sich eben ab, und irgendwann wirds nur noch peinlich, Farid Bang. Wie gut, dass es Said gibt: beeindruckende Stimme, ein geradezu geniales Talent für das Schreiben von Hooks, lyrisch einwandfrei. Und der Junge ist auch noch real. Geht es nach mir, steht dem Berliner Urgestein eine Erfolgskarriere à la Sido bevor. Aber im positiven Sinne: ohne musikalische Fehltritte im Bourani-Style und ganz sicher ohne ekelhafte Loblieder aufs Vaterland. Seit gestern ist „50/50“ draußen. Said, Seite an Seite mit seinem Hamburger Buddy AchtVier, über den ich mich zwar nicht beschweren kann, der aber trotzdem nicht so recht zünden will – bis jetzt. Ich habe lange kein Release mehr so herbeigesehnt. Enttäuscht mich nicht, Jungs!

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##Thees Uhlmann – Sophia, der Tod und ich
Ji-Hun: Diese Woche war ja deutsche Musik wieder ein großes Thema. Seltsame Echo-Gewinner, AfD-Rock und der ganze Rattenschwanz. Deutsche Rockmusik macht auch Thees Uhlmann. Tomte hieß seine einst bekannte Band, die ich aber eigentlich immer doof fand. War mir immer zu gewollt Morissey, Dosenbier und männliches Kumpeltum mit harten Schulterklopfern, aber auch erlaubten Heulausbrüchen in der Kneipe um 4, wenn die Freundin einen verlassen hat. Thees Uhlmann hat aber nun sein erstes Buch veröffentlicht. „Sophia, der Tod und ich“. Eine Art „tschick“ für hängengebliebene Nie-wirklich-erwachsen-werden-Woller. Ein armseliger Slacker Anfang 40, der eigentlich vom Tod abgeholt werden soll, aber dann doch alles anders kommt als geplant. Ein charmanter und unterhaltsamer Roadtrip, in dem natürlich auch der Alkohol eine Rolle spielt, aber auch Kleinphilosophien über das Leben, die Liebe, das Ablosen und klar, den Tod. Ob bei einer Verfilmung auch Heinz Strunk den Tod spielen könnte? Das könnte ich mich nur allzu gut vorstellen.

Track-Premiere: Brandt Brauer Frick feat. Beaver Sheppard – Holy NightUntypisch unaufgeregt

Leseliste: 10. April 2016 – andere Medien, andere ThemenDie Pünktlichkeit Berliner Busse, Fotos am Nullpunkt, Reichtum durch Feiern und ein Fischgespräch