Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit Loscil, Channel Tres und James Ferraro.
Loscil – Equivalents
Thaddeus: Von Autechres „Drane“ zu verhuschten Sprengseln Vangelis’ „Blade Runner“ in unter drei Minuten: So beginnt „Equivalents“, das mittlerweile zwölfte Loscil-Album. Scott Morgan, der Mann hinter der Musik, ist bestens drauf, malt seine ambienten Entwürfe dieses Mal jedoch vergleichsweise monochrom. Das ist genau richtig so, lenkt es doch den Fokus umso mehr auf die tief vergrabenen Details. So ungefähr mag auch der Fotograf Alfred Stieglitz gearbeitet haben, der Anfang des 20. Jahrhunderts mit seiner Bild-Serie „Equivalents“ für Aufsehen sorgte. Diese Fotos standen für Morgan inspirierend Pate. Das muss man alles nicht wissen, und tatsächlich verhallen jegliche Referenzen in dieser Art von Musik ohnehin schnell und nachdrücklich. Loscils Musik ist ein sanfter Sog ins Unbekannte. Also schnürt man die Explorer-Schuhe mit einem kräftigen Doppelknoten beherzt zu und sucht den Eingang des Tunnels. Passieren wird einem dort nichts, das ist in der Musik von Scott nicht angelegt. Sie funktioniert eher wie ein Museum, in dem jeder Track eine ganz bestimmte Epoche oder ein klar identifizierbares Phänomen aus den unterschiedlichsten Perspektiven anstrahlt – in aller Bescheidenheit und immer auch ein wenig neblig-diffus. Eine Mut machende Annäherung an die immer heftiger verästelnde Komplexität der Welt.
Channel Tres – Black Moses
Benedikt: Vor ziemlich genau einem Jahr lief hier die selbstbetitelte Debüt-EP von Channel Tres durch den wöchentlichen Walkman. Jetzt geht's weiter. Benannt ist die EP nach dem gleichnamigen Album von Issac Hayes aus dem Jahr 1971. Hayes war nicht bloß Musiker, sondern auch als demonstrativer Unterstützer der schwarzen Bürgerrechtsbewegung und Martin Luther Kings bekannt. Sich für die Menschen seiner Hautfarbe einsetzen, Barrieren überwinden, damit es andere später leichter haben – das ist auch Channel Tres künstlerischer Antrieb und wichtigstes Anliegen. Das aktuelle Resultat seines Schaffens steht lyrisch ganz in diesem Zeichen und dem Debüt musikalisch in nichts nach: Wieder konstrastiert der tiefe, langsame, gleichförmige Sprechgesang des Produzenten aus Compton den fluffigen Chicago-House-Einschlag ohne den Tracks ihre Positivität zu nehmen. West-Coast-Rap zum Mitwippen.
James Ferraro – Requiem for Recycled Earth
Ji-Hun: Kann es eigentlich noch so etwas wie politische Musik geben? Wie geht das überhaupt? Und wogegen soll man in so vermeintlichen komplizierten Zeiten opponieren, geschweige denn singen? Den Output des New Yorker Musikers James Ferraro könnte man durchaus als politisch bezeichnen, allerdings singt er keine Protestsongs, sondern bedient sich wie bei seinem aktuellen Album der instrumentalen Elektronik. Der Titel „Requiem for Recycled Earth“ zeigt bereits, dass es sich um eine musikalische Auseinandersetzung mit der Klimakatastrophe handelt. Das, was man sonst gerne als Öko- oder Hippiesujet („Karl der Käfer“) abgestempelt hat, taucht nun als Thema in der Elektronik auf. Und ich finde das gut. Die avantgardistische und hedonistische Elektronik könnte in so einem Konzept eine interessante Blaupause finden. „Requiem for Recycled Earth“ ist der erste von vier Teilen langen Album-Sequenz „Four Pieces for Mirai“. Da wird also noch ein bisschen was von James Ferraro kommen.