Wochenend-WalkmanDiesmal mit Jessica Pratt, The Specials und Corey Fuller

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Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Brandneu, wieder entdeckt oder aus der Geschichtskiste ausgebuddelt. Heute mit Jessica Pratt, The Specials und Corey Fuller.

Jessica Pratt – Quiet Signs

Jessica Pratt – Quiet Signs

Ji-Hun: Ihre ersten zwei Alben, produzierte die aus Los Angeles stammende Singer-Songwriterin Jessica Pratt noch in ihrem Schlafzimmer. Ihr drittes Werk „Quiet Signs“ das via Mexican Summer/City Slang erscheint konnte dank Budget und Plattendeal in einem richtigen Studio mit richtigen Musikern aufgenommen werden. Es ist dabei eine hervorragende Sache rausgekommen. Natürlich möchte man – nicht nur als Musikjournalist – da Schubladen aufmachen. Klingt Pratt nun wie Astrud Gilberto auf 45 oder Helium? Erinnert das nicht alles an Joni Mitchell? An Sibylle Baier? Mir persönlich erscheint sogar die verblichene Lieblingsband Broadcast. Ist Jessica Pratt die kalifornische Künstlerin mit dem großen Talent, die Lana del Rey eigentlich gerne sein möchte? Man erkennt schnell. Die Vielzahl der vermeintlichen Referenzen zeigt eigentlich erst, wie eigenständig und fantastisch dieses Album ist. Wie universell diese exzellenten Songs funktionieren und das trotz der Möglichkeiten des Studios alles mit Bedacht und reduzierter Ästhetik aufs Band gebracht wurde. Dieses Album ist für das noch junge 2019 ein musikalischer Lichtblick.

The Specials Encore Walkman Cover

The Specials – Encore

Benedikt: Das letzte „echte“ Album der Ska-Legenden erschien vor fast 40 Jahren, kaum ein Jahr nach Release jener zweiten Platte „More Specials“ trennte sich die Band. Das war 1981. Meine eigene Beziehung zu den Specials und anderen 2-Tone-Ska-Bands, (The Selecter!) begann erst in meiner über zwanzig Jahre später anlaufenden Jugend. Dafür war sie intensiv und prägend – wie das ebenso ist in den Teenagerjahren. Im ehemaligen Kinderzimmer im Haus meiner Eltern ist diese Beziehung bis heute gut sichtbar. Die eckig gezeichnete Figur im schwarzen Anzug mit Porkpie-Hut, die zig Plattencover des Labels 2 Tone Records ziert, hatte ich irgendwann in Lebensgröße mit schwarzer Farbe auf die weiße Wand gemalt, das Schachbrettmuster als Bordüre in Hüfthöhe – exakt wie hier. Die Wandbemalung (nicht die Bordüre allerdings) ist bis heute geblieben und bei jedem Heimatbesuch geht mir das Herz auf. Einerseits natürlich, weil die lieben Eltern noch immer keinen Tapetenwechsel initiiert haben. Andererseits, weil es in nostalgischen Gedanken an die rückblickend ganz und gar nicht verschwendete Jugend wohl den meisten so geht. Was ein Wandbild auslösen kann, kann der Sound von damals als relevant angesehenen Bands aber ebenso gut, womit wir wieder bei diesem Album wären. Von den damaligen Specials spielen mit Terry Hall, Lynval Golding und Ho­race Panter zwar nur – oder auch immerhin, alles eine Frage der Perspektive – drei Musiker bei den heutigen Specials. Den Charme von damals heraufzubeschwören, ohne bloß Vergangenes neu durchzuschleifen gelingt ihnen auf den zehn Tracks erstaunlich gut. Und dann ist da noch die politische Idee von damals, die Überwindung von Hautfarbe und Rassismus, die sowieso ganz dringend der popkulturellen Wiederauflage bedarf. Auch das leistet „Encore“. Fun-Fact: Mit diesem Album erreichen The Specials erstmalig die Spitze der Albumcharts in UK. Besser spät als nie.

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Corey Fuller – Break

Thaddeus: Im vergangenen Jahr hätte ich fast den Glauben an die Klaviermusik verloren. Zu viele Emporkömmlinge mit zu vielem und viel zu schlechtem Dudel-Kitsch und Pseudo-Elektronik. Natürlich, die sollen bitte alle machen was sie wollen, und das tun sie ja auch. Aber die wirklich guten Platten können bei so einer Veröffentlichungsflut nicht mehr durchdringen, und das ist blöd. Darum meine Empfehlung: Hört Corey Fuller. Ich bin mir nicht sicher, ob ich seiner Musik bislang je begegnete. Ausschließen kann ich es nicht, hat er doch auf 12K schon so manches Album veröffentlicht, wenn auch bislang nicht unter seinem Klarnamen. Fullers Umgang mit dem Klavier ist wie selbstverständlich dreckig. Interessant, denn auch bei ihm trifft das Piano zunächst nur auf Elektronik und ein paar Geräusche. Die Tiefenstaffelung ist jedoch eine vollkommen andere. Fuller möchte – das unterstelle ich ihm einfach mal – auch etwas ganz anderes erreichen und eben keinen Vertrag bei Edel, sondern reinen Tisch machen. Dabei ist er der wahre neue Meister. Wie das funktioniert, zeigt sich exemplarisch beim langen ersten Stück „Seiche“, in dem er alle Disziplinen, die er im folgenden in kürzeren Episoden durchdekliniert, zu einem großen Ganzen zusammenrafft und mutig in die Gegend stellt. Wirklich verorten lässt sich sein Werk dabei nicht. Die Assoziationen liegen auf der Hand, erweisen sich aber mehr oder weniger alle als clevere Finten. So entsteht eine Verwirrung mitten in vermeintlich bekanntem Terrain, die einen mitreißend durchrütteln. Natürlich sanft. Über weite Strecken zumindest.

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