Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit James Bernard, Bonobo und XXX.
James Bernard – Atwater
Thaddeus: Wenn irgendwo „Synthesizer-Musik“ draufsteht, bin ich in letzter Zeit etwas vorsichtig. Natürlich bedeutet mir die Elektronik alles, spätestens jedoch seit dem Hype um die Modularsysteme nehmen viele Knob-Tweaker sich, vor allem aber die Drones ein bisschen zu wichtig. James Bernard tut das nicht. Der mir bislang vollkommen unbekannte Produzent veröffentlicht bereits seit den 1990er-Jahren, wenn auch nur sporadisch – sein Debüt erschien sogar auf Rising High, das hätte mir damals eigentlich unterkommen müssen. Nach über zehn Jahren Pause gibt es nun neue Musik – eine Live-Aufnahme. Das muss ganz schön gewesen sein, 2018 bei einem Moog-Festival im North Atwater Park in Los Angeles. Nachmittags, unter freiem Himmel, mit Oszillatoren. Die Musik klingt jedenfalls so. Bernards Sound scheint sehr vertraut, wenn man seine von langen Echos getragenen minimalen Melodien wirklich einordnen und an abgelegte Erinnerungen und Referenzen andocken will, führen diese Bestrebungen ins Nichts. Es ist ein ewiges Mäandern, bei dem der Ringmodulator nur an ganz wenigen Stellen etwas rohe Kratzbürstigkeit beitragen darf. Eigentlich wollte Bernard die Stücke für diese EP auf A Strangely Isolated Place nach dem Konzert neu aufnehmen. Ist ihm nicht geglückt. Haben wir Glück gehabt. Das ist genau richtig so.
Fabric presents Bonobo
Benedikt: Als Fabric seine berühmte Mix-Reihe mit der 100. Ausgabe von Craig Richards, Terry Francis and Keith Reilly's beendete, hätte man ja fast ein bisschen traurig sein können. Vielleicht lag der Grund fürs Ende aber auch einfach nur in dieser schönen, runden Zahl. Denn jetzt erfolgt der Relaunch in Form von „Fabric presents“, der natürlich irgendwie mit neuen Konzept daherkommt, wörtlich: „The artists invited to participate in this series will reflect the full calendar of nights at fabric, including the more recent ‘Forms’ events, new midweek programming and festival tie-ins“. Aufschlag Bonobo. Auf seine Alben und die Live-Shows lasse ich persönlich ja nichts kommen, seine jazzige Downbeat-Electronica auf „Days to Come“ (Ninja Tune, 2006) ist rückblickend nicht weniger als ein persönlicher, musikalischer Wegweiser gewesen. Und auch wenn die neueren Sachen sich längst nicht mehr so nachhaltig im Gehör platzieren, bleibt's meist irgendwie gut. Warum diese vielen Worte nun zu dieser Mix CD? Wehmut? Könnte gut sein. Weil das Schwelgen in schönen Erinnerungen viel mehr Spaß macht, als Klagen über die Gegenwart. Denn ganz ehrlich: Simon Greens Beginn zur neuen Fabric-Serie wird schnell vergessen sein. Statt Down- gibt's Uptempo-House, teils so glatt gebügelt wie ein Techhouse-Preset. Natürlich gibt's auch Highlights (Rheged – „Throwing Snow“) und gegen Ende wird's auch schöner, weil dann doch die Bonobo-Gediegenheit greift. Aber das Mix-Format gewährt eben kein Cherry-Picking in der Track-Auswahl. Entweder das ganze funktioniert, oder eben nicht. Wahrscheinlich funktioniert dieser Mix in der Fabric sogar, im „new midweek programming“ oder so. Bloß bei mir zu Hause nicht.
XXX – Second Language
Ji-Hun: Dass es in Südkorea heute so etwas wie eine vitale und auch qualitativ gute Indie-Szene gibt, ist auch dem weltweiten Erfolg von K-Pop zu verdanken. Wahrscheinlich braucht es einfach einen großen Mainstream, gegen den man sich positionieren kann. Heute lernen Millionen K-Pop-Fans auf der ganzen Welt koreanisch, um die Songs von BTS und Co. zu verstehen und mitzusingen. Das führt interessanterweise zu einer neuen Akzeptanz der Sprache, womit es auch HipHop-Acts wie XXX leichter haben, sich hier Gehör zu verschaffen, bzw. überhaupt hier als Thema anzukommen. Ich finde das persönlich natürlich spannend. Ich hätte mir in meinem Leben nie vorstellen können, dass Südkorea jemals als internationales Musikland taugen könnte, aber das ist eine lange Geschichte, über die ich ein andern Mal ausführlicher berichten möchte. Von XXX hat mir interessanterweise Thaddi das erste Mal erzählt. Er hat sie 2017 in Cannes gesehen und es war für ihn eines der Highlights auf der MIDEM. XXX sind der Produzent FRNK und der Rapper Kim Ximya. Den Bandnamen zu googlen brachte aber damals wie heute recht wenig, sollte man während der Arbeit auch nicht machen. Ihr zweites Album „Second Language“ ist nun auf dem Label Bana erschienen. Es handelt sich um modernen, teils experimentellen HipHop, der dennoch einen Hang zu poppigen Arrangements hat. Die Produktionen erinnern an britische Wonky-Beats, bevor Hudson Mohawke und Co. bei Kanye anheuerten. Im Vergleich zu den Saccharin-YG-Produktionen ist das hier aber Black Metal. Ob das für Auftritte bei Ellen de Generes und Jimmy Kimmel reicht? Man sage niemals nie.