Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Brandneu, wieder entdeckt oder aus der Geschichtskiste ausgebuddelt. Heute mit Gregory Alan Isakov, Spencer Parker und Gavin Miller.
Gregory Alan Isakov – Evening Machines
Ji-Hun: Gregory Alan Isakov hat sein viertes Album veröffentlicht. Der in Südafrika geborene Singer-Songwriter belegt mit „Evening Machines“, dass guter Indie-Folk trotz aller Inflation noch nicht zu Ende gedacht ist. Denn Indie-Folk – so nennen wir das Ganze einfach mal – hatte nach Bon Iver, Fleet Foxes, Iron and Wine und Co. schwere Zeiten zu durchleben. Oberflächliches Geklimper von jedem zweitbesten Bartträger mit 5 Akkorden wurde gesignt und für Handy-Werbungen und andere dünnemotionale Use Cases verramscht. Es war nicht mehr auszuhalten. Dann doch lieber gleich Nicole oder Reinhard Mey. Gregory Alan Isakov, der in Boulder/Colorado lebt, zeigt aber, worum es in dieser Musik doch eigentlich geht. Inspirierendes Songwriting, üppige und kluge Arrangements, reife Produktionen, gute Musiker und dazu Texte, die nicht in der VHS geschrieben wurden. Ein seltenes Highlight, das für diesen Sound wieder neu sensibilisieren kann, und bei aller Pop-Affinität ein eindringlich schön gemachtes Stück Musik ist.
Spencer Parker - Dance Music
Benedikt: Diese Platte klingt so kolossal funktional wie der Name erahnen lässt - DJ-Album durch und durch. Das muss man wahrscheinlich wissen, wenn man der zweiten LP von Spencer Parker, erschienen auf dem eigenen Label Work Them Records, etwas abgewinnen möchte. Elektronisches Storytelling für die Heim-Stereo? Fehlanzeige. Parker selbst macht da auch gar keinen Hehl draus: „There was no real concept behind the album, all I knew is that I wanted to do something honest. The tracks I make are the tracks I play in my sets and tracks I want people to dance to.“ Aber eben diesen Ansatz nimmt der in Berlin lebende Brite dann doch ziemlich ernst - und trifft dabei punktgenau ins Zentrum meiner Dancefloor-Präferenzen: eine Bassdrum mit ordentlich Punch, die öfter mal leicht daneben liegende HiHat präsent, ein knappes Synthesizer-Motiv in Variation, vielleicht noch eine Bassline. Mehr braucht's nicht. Abschließend sei noch gesagt: Die besten Stücke dieser Platte erinnern an die gute Tradition des einstigen Helden Trevino.
Gavin Miller – Shimmer
Thaddeus: Wetterfühligkeit – das kann auch etwas Positives sein. Es ist zu warm, viel zu hell und immer noch zu trocken; was einzig dazu führt, dass der Herbst güldener denn je strahlt. Ein Kollege kommentierte kürzlich kurz und knapp: „episch gerade“. Und die neue Platte von Gavin Miller orchestriert dieses kurze Zeitfenster der Natur mehr als angemessen. Miller veröffentlicht eigentlich ständig Musik. Solo, oder mit anderen Menschen zusammen – zum Beispiel als worriedaboutsatan oder Ghosting Season. Für das griechische DIY-Label „Sound In Silence“ hat er nun knapp 25 Minuten an der Gitarre geträumt, den Hall dazu justiert, das Klavier abgestaubt, irgendwo im Raum noch ein Streichquartett platziert und das alles von einer leicht trunken wirkenden Drohne im zeitlupigen Sturzflug von deren Flügeln befächern lassen. So entsteht ein schwereloser Schwebezustand, mit dem man wohl rechnen muss, wenn man zur Sonne unterwegs ist. Ein hoffnungsvolles Polaroid in eigentlich ja hoffnungslosen Zeiten.