Jeden Samstag haben wir eigentlich drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute werden aus den drei Platten nur zwei. Die knacken dafür aber auch. Gang Starr und A Winged Victory For The Sullen.
Gang Starr – One Of The Best Yet
Ji-Hun: Der Rapper Guru ist 2010 bereits verstorben und gilt als einer der wichtigsten Protagonisten der New School. Mit Gang Starr und Jazzmatazz hat er sich mit richtigen Timpre und den immer klugen Worten ohne Frage unsterblich gemacht. Nun gibt es tatsächlich nach 16 Jahren das erste neue Gang-Starr-Album. Maßgeblich umgesetzt wurde das Projekt von Gurus altem Partner DJ Premier und es ist alles andere als das typische posthume Aufwärmen von ollen Bändern geworden. Premiers Produktionshandschrift ist unverkennbar hat sich aber den Zeiten angepasst und klingt wuchtig und präsent. Bestes Sample-Picking, wunderbare Features von Helden wie Q-Tip, Royce Da 5’9’’, Talib Kweli, Freddie Foxxx und Jeru the Damaja. Aber auch heutige Superstars wie J. Cole auf der Single „Family and Loyalty“ gibt es zu finden. „One Of The Best Yet“ ist ein lupenreines Gang-Starr-Album geworden. Es geht respektvoll mit den Bars von Guru um und Primo darf mal wieder beweisen, wieso er noch immer einer der ganz Großen Producer in der HipHop-Geschichte ist. Revolutionär ist hier nichts, aber das ist auch ganz gut so.
A Winged Victory For The Sullen – The Undivided Five
Thaddeus: Ehrlich gesagt hätte ich diesen Walkman gerne ausfallen lassen. Aber ich darf schon kommende Woche pausieren, als Augen zu und blind in den Promo-Ordner gegriffen. Ah, kenne ich sogar. AWVFTS sind doch Dustin O’Halloran und Adam Wiltzie. Mit erstem konnte ich musikalisch nie sonderlich viel anfangen, glaube ich mich zu erinnern. Herr Wiltzie aber ist ein alter Held von mir. Nicht nur, weil er mir mit seinem Projekt Stars Of The Lid viele wundervolle Stunden beschert hat. Auch, weil er vor 500 Jahren als Aix Em Klemm mal eine Platte auf Kranky veröffentlichte, die mir dann doch sehr ans Herz gewachsen ist. AWVFTS – da klingelt was. Erased Tapes, in der frühen Phase. Wie das klang, weiß ich aber nicht mehr so recht. Das neue Album erscheint auf Ninja Tune. Voller Respekt in Richtung London, aber wie man sich dort in den vergangenen Jahren musikalisch immer breiter aufgestellt hat (nicht nur wegen P&Ds à la Brainfeeder), fand ich dann doch ein bisschen irritierend. Flucht nach vorn, die alte Warp-Nummer. Immer mehr und immer größere Projekte. Klar, music is music, aber die Geste fand ich dann doch ein bisschen anmaßend. Dieses Album ist bei Ninja Tune aber genauso gut aufgehoben wie bei der Deutschen Grammophon, Kranky oder eben auch Warp. Sehr orchestral. Sehr ambient. Sehr Klavier. Ist dabei aber längst nicht so kitschig und austauschbar, wie 90 % im Tagesgeschäft dieses Genres. Die beiden machen das schon sehr gut, und irgendwie ist das gerade genau der Seelenbalsam, den ich brauche. Kann man Menschen etwas übelnehmen, die den Eröffnungs-Track einer Platte „Our Lord Debussy“ nennen? Ich glaube nicht. „Keep It Dark, Deutschland“ ist auch drauf. Die beiden haben lange in Berlin gelebt und rumgehangen und Musik gemacht, und das ist dann doch metaphorisch offen genug für eine ganz persönliche Einordnung. „The Undivided Five“ ist schon eine sehr gute Platte. Auch wenn man das aus dieser kurzen Review vielleicht nicht rauslesen kann oder meinen Telegramm-Stil eher als Desinteresse interpretiert. Stimmt nicht, im Gegenteil. Ich hatte ja blind in den Ordner gegriffen. Und bin froh, dass ich diese Tracks rausgefischt habe. Ist halt auch viel besser als das Album von Floating Points. Tut hier gar nichts zur Sache, wollte ich aber eh noch irgendwo aufschreiben. Danke, Jungs, dass ihr mir die Gelegenheit dazu gegeben habt.
