Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit Florist, Lone und Koriand’r.
Florist – Emily Alone
Ji-Hun: Die amerikanische Künstlerin Emily Sprague ist für mich derzeit eine der faszinierendsten Musikerinnen. Da wäre zum einen ihr unfassbares Talent. Als Emily A. Sprague veröffentlichte sie seit 2017 drei allesamt sehr gute Elektronik-Alben, die die Referenz Suzanne Ciani nicht scheuen müssen. Modulare Synthesizer-Kunst, die immer intim und harmonisch relevant bleibt. Die wenigsten Patchkabel-Nerds sind so gute Songwriter. Womit wir bei Emilys zweitem Projekt Florist wären. Sprague ist nämlich auch eine ausgezeichnete Songwriterin, Gitarristin und Sängerin. Das kürzlich erschienene Album „Emily Alone“ ist ebenfalls das dritte der Band. Und wie die vergangenen Alben erscheint auch „Emily Alone“ auf dem Brooklyner Label Double Double Whammy, das in diesem Jahrzehnt Frankie Cosmos, Hovvdy, Mitski und viele andere Indie-Hoffnungen an die Oberfläche gespült hat. Wie das geht, dass man binnen so kurzer Zeit so viel richtig und überzeugend macht, kann ich auch nicht beantworten. Manchmal sollte man aber auch einfach nur Fan sein.
Lone – Abraxas
Benedikt: Nur drei Tracks hat das erste (physische) Release auf Matt Cuttlers neuem Label Ancient Astronauts. „Abraxas“ klingt gerade zum Einstieg durchaus wie man es von Lones unzähligen R&S-Releases längst gewohnt ist – und doch: anders. Den Pfad seines eigenen Schaffens weiter austreten und trotzdem ein paar neue Abzweigungen nehmen, das konnte der Brite ja schon immer ganz gut. Die knochentrockene Breakbeat-Adaption des Titeltracks holt mich jedenfalls genau dort ab, wo Tracks wie „Backtail Was Heavy“ mich vor ein paar Jahren abgesetzt hatten, nur dass die Reise jetzt im deutlich gemächlicheren Kaffeefahrt-Tempo fortgesetzt wird, was meinen derzeitigen Hörgewohnheiten sehr entgegenkommt. Schneller wird’s auch danach nicht mehr. Dafür hält „Young Star Cluster“ eine fein, fast schüchtern eingewobene Acidline bereit. Acid-Elemente bei Lone? Das scheint mir neu – doch wird mit „How Can You Tell“ wunderbar sanft fortgeführt, während Atmosphäre und Dichte noch einmal ein Stück zunehmen. Matt Cuttler, ein 303-Spätzünder? Warten wir das Album ab. Mit „Abraxas“ als Teaser hat Lone mindestens meine Neugier, wenn nicht gar ein bisschen Vorfreude geweckt.
Koriand’r – Koriand’r
Thaddeus: Kaum vorstellbar, aber meine Musik-Inbox ist praktisch leer. Die Releases, die abgespeichert sind, tragen allesamt ein Veröffentlichungsdatum im Herbst, und ein Blick auf die Listen der Plattenläden meiner Wahl entpuppt sich als Zeitverschwendung. Nicht viel los. Genau wie bei Koriand’r. Keiner Ahnung, wer oder was sich dahinter verbirgt – es ist ein Debütalbum, das bei Reserve Matinee aus Chicago erscheint. Wenn der Backcatalogue auch nur ansatzweise so klingt wie diese Stücke hier, dann gibt es viel zu entdecken. Ja, es wieder mal eine verwaschen und weit weg klingende Ambient-Geschichte. Aber Ambient ist heutzutage ja auch nicht mehr Ambient. Und Koriand’r ist weder oldschool noch ambitioniert modern. Die Tracks sind lupenreine Synthesizer-Musik, die sympathisch unkomponiert wirken, sondern eher wie Wolken am Himmel an einem vorbeiziehen, dabei aber nie egal oder austauschbar klingen. Schon ein ziemlich großer Wurf. Passt auch gut zum nachmittäglichen Gewitter, das gerade auf die Stadt herniedergeht. Koriand’r passt bestimmt wunderbar in eine ganz spezifische Tradition. Irgdendwann finde ich heraus, in welche. Das Album gibt es natürlich nur auf Tape.