Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. 100% Halloween-frei.
##EL VY – Return To The Moon
Thaddeus: Wenn der Sänger von The National, Matt Berninger, sich mit Brent Knopf von Ramona Falls zusammentut und eine Platte aufnimmt, dann macht er? Auf jeden Fall keine National-Platte. Das gerade erschienene Album klingt wie ein bewusster Gegenentwurf zum epischen Indie-Pop seiner phänomenal erfolgreichen Band, lockere Tracks, fast schon improvisierend produziert, auf kleinerem, viel intimeren Level. Nicht das Stadion-Publikum vor Augen, ein Experimentierfeld für knochentrockene Drums, viel geradeaus gedachten Rock, handgemacht mit viel Elektronik aus der verschmitzten Upfuck-Brille. Das ist alles sehr ambitioniert und im Vergleich mit The National (unfair, ich weiß) fast schon komplex und arty-garagig. Ob das nun gut ist, wage ich noch nicht einzuschätzen. Ein paar tolle Tracks – offensichtlich unkompliziert toll – sind drauf, andere Stücke wiederum haben mehr Schichten als das Empire State Building Stockwerke besitzt. Da muss man erstmal raufkraxeln. Mit vielen Pausen an zerrenden Synthie-Bläsersätzen, tief wirbelnden Funk-Bässen und auf der Suche nach dem Hall, der den Drums bestimmt hier und da gut getan hätte. Unerreicht sensationell sind aber die Lyrics von Berninger. Wenigstens hier bleibt er sich in Sachen The National treu. Mit diesem Album muss man sich ein wenig länger auseinandersetzen.
##Ween – The Mollusk
Ji-Hun: Vor ein paar Tagen kam Kollege Thaddeus zu mir und fragte: „Ey, sag mal, zum kommenden Wochenend-Walkman machen wir kein Special zu Halloween, oder?!“, hoffend, dass ich die manipulativ-rhetorische Frage mit einem klaren „Nein“ beantworten würde. Wäre mir auch nie aufgefallen, hätte man mich nicht darauf aufmerksam gemacht. Amerikanischer Kulturimperialismus hin oder her. Ich mag Halloween nicht. Grusel, Horror, Blut und Splatter. Ich zitter auch schon beim Spielen von Zombie-Games wie „The Last of Us“ wie ein Chihuahua im sibirischen Winter. Kollege Jan-Peter entgegnete prompt „Helloween!“, jene international erfolgreiche Power-Hair-Metalband aus Hamburg. Es hat wohl seine Gründe, wieso Jan-Peter keine Lust mehr auf Walkman-Texte hat und sich lieber der Bestückung der Leseliste widmet. Wie dem auch sei. Kurz darauf kam mir aufgrund der Silbendeckungsgleichheit die famose Band Ween in den Sinn, die ich in den 90/00ern vergöttert habe. Noch immer habe ich das Gefühl, dass ich das Geschwisterpaar Dean und Gene Ween nie zu 100 Prozent verstanden habe oder verstehen werde. Der Grund ist vielleicht folgender: Ween sind die universellste Band der Welt. Suchen andere Bands Jahrzehnte nach ihrem Signature Sound, beherrschen Ween Country, arty LoFi, Punk, Shanty-Gesänge, Indie, Hochglanzpop, Rock, Funk und viele andere Stile in jedem einzelnen Song so souverän, als wäre Popkultur nie eine Frage der Genres oder Historizität gewesen und schaffen daraus einen besonders eigenen Sound. Vielleicht sind sie auch einfach zu witzig. Da gibt es etwas Größeres, nach dem die beiden suchen. Etwas, das vielleicht nur Geschwister verstehen, die gemeinsam Musik machen. Wie bei den Beach Boys, Jackson 5, The Breeders, AC/DC oder auch Radiohead. Wieso nun ausgerechnet „The Mollusk“? Ein bisschen gruselig sieht dieses Rochenhummeroktopustiefseefischgetier ja schon aus, oder nicht? Wir wollten ja beim Thema bleiben.
##Madlib / MED / Blu – Bad Neighbor
Benedikt: Gerade fing HipHop an, richtig zu nerven. Dieser Trap-Film ist echt langsam durch. Und nur Drake? Geht auch nicht. Immerhin kommt da noch ein Album in diesem Jahr, ich bereite mich schon darauf vor, indem ich Aubrey Graham vorerst von meinen Ohren fernhalte. Seit gestern fällt das zum Glück gar nicht mehr schwer, denn Madlib kommt mit einer neuen LP voller Zeitlosigkeit um die Ecke. Scheiß auf Trap und Aftertouch, her mit MPC und Sampler. Ebenfalls auf „Bad Neighbor“ dabei: MED (Medaphoar) und Blu. Ersterer steht (genau wie Madlib) bei Stone Throw unter Fittichen von Peanut Butter Wolf. Mit Madlib hat er schon auf Madvillains „Raid“ (Madvillainy, 2004) zusammengearbeitet. Madvillains zweite Hälfte neben Madlib, MF Doom, darf auf der Platte natürlich auch nicht fehlen. In Sachen Stimme und Flow sind Blu und MED den Produktionen Madlibs gewachsen wie kaum ein anderer. Schon „Serving“ mit Hodgy Beats als Gast überzeugt, spätestens hat mich die Platte aber mit „Streets“ in seinen Bann gezogen. Ein altbekanntes Sample lässt grüßen: [Barclay James Harvest - „The Song (They Love to Sing)]“. Wer erinnert sich? Darauf rappte Samy Deluxe einst „Weck mich auf“.