Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit Döll, Powder und Simon Scott.
Döll – Nie oder jetzt.
Ji-Hun: Ich habe vergangene Woche viel alten und neuen deutschen HipHop gehört. Der Grund dafür ist das neue Buch von Jan Wehn und Davide Bortot „Könnt ihr uns hören?“. Eine Oral History des Deutschrap das nächste Woche erscheint und wir hatten dazu dieser Tage auch ein Interview geführt, das nächste Woche bei uns kommen wird. Ich bin ja persönlich mit viel deutschem HipHop aufgewachsen, Anfang 20 bin ich aber bei dem Thema wie einige andere auch so ein bisschen ausgestiegen. Jan erzählte, dass er im Januar besonders oft das Album von Döll gehört hätte. Döll, what? Deutschrap ist die vergangenen Jahre komplex geworden. Gerade durch den Mainstream-Erfolg gibt es derzeit viele, die nach anderen Wegen suchen. Döll scheint einer jener zu sein, die zwar durchaus conscious rappen, auf Kirmes-Hooklines scheißen, aber dennoch nicht oberlehrerhaft verzweifelt klingen. „Nie oder jetzt.“ ist für mich in der Tat eine Entdeckung. So was wie die Juice lese ich ja nicht, aber da schien der Gute auch abgefeiert zu werden. Und wenn HipHop-Checker wie Jan Wehn und Davide Bortot etwas gut finden, dann sollte man da ohnehin mal dran bleiben.
Various Artists – Powder in Space
Benedikt: Der bisherige Release-Katalog von Moko Shibata alias Powder war mir bislang gänzlich unbekannt. Nach einigen EPs und Singles kommt mit „Powder in Space“ nun eine feine, einstündige Compilation dazu, veröffentlicht bei Tim Sweeneys Label Beats in Space. Spätestens als eine vernebelte Stimme im Track „Untitled II“ von Vedagor fragt, „You wanna listen to House or Techno? Does it really matter? Does – it – really – matter?“, trifft Powder bei mir, als jemandem, der diese Dancefloor-Kategorisierung leidenschaftlich ablehnt, voll ins Schwarze. Gut, so richtig wüster Techno-Techno entzieht sich dann zwar diesem „Space“, aber does it really matter? Nee. Powder spielt sich trotzdem querbeet und kunterbunt durch sämtliche Spielarten von House Music. Fast hatte ich vergessen, was da neben Deep, LoFi und Breakbeat-Seuche dieser Tage sonst so geht. Jede Menge Gutes, hinter jeder Ecke was anderes. Hört man gerne nochmal.
Simon Scott – Soundings
Thaddeus: Simon Scott ist weit mehr als der Schlagzeuger von Slowdive. Filter-Menschen wissen das sowieso, spätestens aber seit dem vergangenen Sommer, als ich hier schon mal seine Musik feierte. Nun hat er ein Album für Touch aufgenommen, sein erstes richtiges, also jenseits von Live-Aufnahmen und Re-issues. Die Geschichte ist wieder mit Slowdive verknüpft – irgendwie zumindest. Denn Scott nahm diese Platte (gibt es auch auf Tape! – mit Bonus-Material!) rund um den Globus auf, meist im Flugzeug oder im Hotel. So verdichteten sich Schritt für Schritt die Ideen zu fertigen Tracks, während er von A nach B flog, auf den Soundcheck wartete oder erschöpft an einem freien Tag im Hotel langsam wieder runterkam. Man kann dieses Album als eine Art Reise-Tagebuch hören – einen Einblick in vier Jahre Simon Scott. Denn genau so lange hat er an den Stücken gearbeitet. Vielleicht ist das genau die richtige Brille, denn so fügen sich die oft skizzenhaft wirkenden Arbeiten zu einem starken Bild der Seele eines Musikers zusammen, der rastlos durch die Welt geschickt wird, ein zwar wichtiges, aber eben nur ein Rädchen einer größeren Maschinerie ist, die, wenn sie einmal rollt, nicht aufzuhalten ist. Die Stücke sind eine Art Gegenentwurf zu dieser Schnelligkeit. Manchmal fast schon flüchtig, manchmal umso stärker und fordernder.