Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen.
Dâm-Funk - Invite The Light
Ji-Hun: Sperrigkeit im Pop-Business fängt heutzutage schon mal damit an, Google-unfreundliche Künstlernamen zu verwenden. Damon Garrett Riddick aus Pasadena schreibt sich mal Dam-Funk, dann wieder Dâm-Funk oder auch DāM-FunK. Ist aber alles ziemlich egal, denn Riddick nimmt die Aussage seines Alias wörtlich und steht für den direktesten, konsequentesten und wahrscheinlich auch besten Funk der Gegenwart. Boogie, Proto-Electro, es sind soundmäßig eher die Synth-infizierten 80er als James Brown, die hier die Koordinaten stellen, aber auch den klassischen Funk hat Dâm-Funk verinnerlicht wie Hakan Çalhanoğlu Freistöße. Nun endlich sein zweites Album „Invite The Light“, das wieder auf der Los-Angeles-Better-HipHop-Instanz Stones Throw veröffentlicht wird und mit 80 Minuten Spiellänge und 20 Tracks nichts anderes als ein Epos sein möchte. Legendär liest sich die Gästeliste mit Q-Tip, Ariel Pink, Snoop Dogg, Nite Jewel, Junie Morrison und vielen mehr. Könnte eine heitere Party werden.
##Yo La Tengo - Stuff Like That There
Thaddeus: Nach vier Tagen Pressekonferenzen, Fingerfood und Dauerbeschallung auf der IFA braucht meine Seele an diesem Wochenende die kleinst mögliche Musik. Wie schön, dass Yo La Tengo in der letzten Woche ein neues Album veröffentlicht haben. Wenn ich richtig zähle, dann ist es das 19. Davon kenne ich ungefähr vier, mit großen zeitlichen Lücken dazwischen: Macht aber nichts. Yo La Tengo ist eine der wenigen Bands, deren Musik wie gute Freunde funktioniert. Man kann sich ewig nicht sehen und wenn man dann doch wieder aufeinandertrifft, dann ist es, als hätte man sich erst am Abend zuvor verabschiedet. Es gibt immer etwas zu erzählen und wenn man tatsächlich mal nichts zu sagen hat, ist das auch völlig ok. Da ist Vertrauen und ein Gefühl der Sicherheit. So funktioniert auch Yo La Tengo und ihre neue Platte. Sehr leise, sehr freundlich, sehr nah dran. Und mit einer wirklich putzigen Coverversion von The Cure. Danke dafür.
##Sido - VI
Benedikt: Der Weg von „Scheiße in dein Ohr“ zum neuen Album „VI“ könnte musikalisch kaum weiter sein. Von Sido, Sekte, Bunker und Aggro Berlin auf voller Lautstärke war meine Mama damals alles andere als begeistert. „VI“ könnte ich ihr zu Weihnachten schenken. Man könnte denken, Sido sei in 15 Jahren um eine volle Generation gealtert. Liegt’s nur am Vater- und versorgt sein? Bushido ist der Gegenbeweis. Vielleicht verlangt der gegenwärtige Zustand von Menschheit und Gesellschaft einfach mehr nach mahnenden Worten, nach Kritik und nach einem Fingerzeig auf die Scheiße dieser Welt, als meine Generation es je zuvor erlebt hat. Man kann doch nur noch kotzen – sofern man mit offenen Augen durch die Welt geht. Endlich regt die deutsche HipHop- bzw. Popwelt wieder zum Nachdenken an, siehe auch K.I.Z. Dafür kann man – unabhängig aller Geschmacksfragen – nur dankbar sein. Nur den Andreas Bourani hätte es auf der Platte dann doch nicht gebraucht.