Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen.
Cornelius – Mellow Waves
Ji-Hun: Der erste Track „If You’re Here“ machte schon vor einiger Zeit seine Runden. Das erste Lebenszeichen von Cornelius seit zwölf Jahren. Eine virtuos zusammen gezimmerte Schmusesoul-Abstraktion. Das dezente Timbre Keigo Oyamada, wie habe ich seine Stimme vermisst. 1997 mit „Fantasma“ und 2002 mit „Point“ war Cornelius wohl einer der bekanntesten Musiker Japans bei uns. Ein Versessener, ein Nerd, bei dem man diese Anstrengung nie gespürt hat. Es war immer leicht, hochreferentiell, ein Stil, für den man ganz alleine stehen konnte. Was hat Cornelius, diese popwirksamste Bobfrisur seit Mireille Mathieu wohl gemacht in den vergangenen zwölf Jahren nach „Sensuos" von 2006? Wie konnte er keine Musik machen oder hat er sich so lange eingeschlossen, bis er hiermit, diesem wunderbaren Album „Mellow Waves“ wieder raus kam. Aber ehrlich, alleine die Tatsache diesem meisterhaften Künstler wieder bei seiner Sache zuhören zu dürfen. Thank god it’s Wochenende …
Mønic – Deep Summer EP (Burial Remix)
Thaddeus: Ein Zufallsfund mit sehr angenehmer Hallfahne. Das Werk von Simon Shreeve hat bislang in meinem Plattenregal und Stream keine Spuren hinterlassen, dabei kann er bereits zahlreiche Veröffentlichungen vorweisen. Es gilt, in den kommenden Wochen hier diverse Nachforschungsanträge abzusetzen. Natürlich ist es der Remix von Burial, der zunächst das Interesse weckt. Auch wenn ich dessen letzte Produktionen als eher fad empfunden habe, ist er doch jemand, bei dem man „mal reinhört“, um einigermaßen am verblassten Hype-Ball zu bleiben. Erfreuliche Nachricht: Der Remix ist fein, das Original aber noch besser. Ein irgendwie komplett tempoloses Stück Musik, das schon ziemlich wundervoll dem übermächtigen Hall all das überlässt, worauf man gemeinhin als Musiker so penibel achtet. Ein gräulicher, und doch hell leuchtender Tiefsee-Teich aus wohlig wogenden Verwerfungen, zusammengehalten von diesen sperrigen Seefeel-Beats und wundersamen Vocals, die ungefähr so klingen, als würde man die nächste Tropic Of Cancer von der gegenüberliegenden Straßenseite mit einem in die Jahre gekommenen Walkman vorsorglich dokumentieren. Killer gut und sehr moody. Und wie Burial den Song am Ende komplett dreht, ist dann doch beeindruckend. Und mehr, als ich ihm zugetraut hätte. Es gibt Hoffnung für den Herbst.
Terrence Dixon – 12,000 Miles of Twilight
Benedikt: Mehr als ein Mal habe ich die Platte des Detroiter Urgesteins nun gehört, aber ein abschließendes Urteil fällt immer noch schwer. 21 Tracks, Triple Vinyl, das muss man ja auch erstmal irgendwie zusammenkriegen. Zumal die Tracks dank abrupter Enden selbst nicht viel auf ihren Zusammenhalt geben und mit Spielzeiten von zumeist unter vier Minuten erst gar nicht die Chance haben, einen bleibenden Eindruck in die Gehörgänge zu fräsen. „12,000 Miles of Twilight“ wirkt und funktioniert weniger als Album, erscheint vielmehr als Werkschau, die die unzähligen Facetten und Stile Dixons versammelt: klickernde und klappernde Drones, pumpender Techno, Sci-Fi, Jazz-Anleihen, ab und an schlägt Electro durch, irgendwie minimal, aber in Summe doch sehr füllig. Jede Rille durch und durch und unverkennbar Detroit. Vielleicht ist das auch schon alles was man dazu sagen muss.