Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen.
Area – Dreamlessness
Thaddeus: Nachdem mich neulich erst „A New Line (Related)“ vom Hocker riss, muss hier und heute schon wieder eine EP auf Kimochi dringend Erwähnung finden, und zwar eine vom Label-Macher Area selbst. Filter-Leserinnen und -Leser kennen Area vielleicht vor allem als M50 und seinen beiden Mixen der Woche: allein und im Tandem. Diese EP hier – Dreamlessness – beäugt den klassischen Ambient in nicht ganz so klassischer Weise. Vier Tracks, darunter eine Zusammenarbeit mit Eltron John und ein Remix von Donato Dozzy, wooschen und zoschen und strahlen und bröseln in allen nur erdenklichen Schattierungen und Farben. Die alte Schule eben, dabei aber alles andere als kuschelig plänkelnd. „Everything Thrown Away“ – mein Hit – ist da noch am greifbarsten in der gut gepolsterten Schubladenwelt. „Pop Life“ hingegen – mit Eltron John – ist kaum noch mehr als Lava-Blubbern auf dem Jupiter, aufgenommen mit einem altersschwachen Field Recorder drei Planeten weiter. Mit anderen Worten: perfekt. „Through The Wall“ ist die reine Liebe, die gleich im Anschluss von Dozzy zersägend konterkariert wird. In dieser kleinen Musik steckt so viel Großes.
Call Super – Arpo
Benedikt: Gemächlich, aber doch dämmernd bis dunkel ging es auf der letzten Platte des in Berlin lebenden Briten Joe Seaton zu. Geblieben sind auf „Arpo“ die Langsamkeit und die über weite Strecken abstinente Geradeaus-Kick. Viel zu oft dient diese eh nur der Illusion einer vermeintlichen Tiefe. Fehlt der prägnante, satte Unterbau von 808 oder 909, bleibt bloß blutleeres Drumherum. Bei Call Super ist das Gegenteil der Fall. Er verweist die Bassdrum aus der ersten Reihe, damit das Dahinter zur Geltung kommt. Wieder wirkt Call Super nicht wie der am Instrument jammende Elektronik-Produzent, sondern wie ein Maler akustischer Landschaften – dicht, detailreich und in kräftig-satten Farben. Man kann sich kaum gegen dieses Vokabular wehren, möchte so gern wissen, wie seine Tracks auf Leinwand aussehen würden. Vielleicht ist auch „Arpo“ ein Stückweit wieder Dämmerung, doch diesmal vice versa – Guten Morgen statt Gut’ Nacht, Sonnenaufgang auf der Südhalbkugel, angekündigt von afrikanischen und tropischen Klängen. Sanfte Wärme vor der großen Hitze. Ich lieg’ gerad’ auf Bali unter Palmen. Ich glaub ich hab’ die Leinwand vor mir.
Metro Area – Metro Area (15th Anniversary Edition)
Ji-Hun: Es ist über dieses Album schon alles gesagt worden. Als die gemeinsame LP von Morgan Geist und Darshan Jesrani 2002 erschien, war das definitiv für mich ein Grund auch so was wie Dancefloormusik machen zu wollen. Nichts klang in meinen Ohren je so elegant, boogy, klug musikalisch, unnahbar und zeitlos wie der House-Discoentwurf der beiden New Yorker Künstler. Dabei war das Album schon nichts anderes als eine Compilation der zuvor erschienen EPs (Metro Area 1-4) des Duos, der Impact war zu der Zeit dennoch riesig. So einen Konsens muss man heute lange suchen. Zum 15-jährigen Jubiläum des Albums gibt es eine üppige Reissue bestehend aus drei LPs. Alles noch mal neu gemastert – man will ja zeitgemäß klingen. Zeitgemäß ist auch, dass durch den Re-Release erstmalig die Platte auch auf Spotify und Co. zu hören ist. Morgan Geist kommentiert nur knorrig: „Wenn ihr’s so haben wollt.“ Für die Post-CD-Generation sollte das aber als Geschenk gewertet werden. Dieses Album gehört gehört und es ist gut gealtert. Das gelingt im schnelllebigen Clubsektor selten. Immer noch einer der größten Klassiker.