Drei Alben, drei Tipps, drei Meinungen. In unserer samstäglichen Filter-Kolumne wirft die Redaktion Musik in die Runde, die erwähnenswert ist. Weil sie neu ist, plötzlich wieder relevant, gerade entdeckt oder nie vergessen. Und im Zweifelsfall einfach ein kurzweiliger Zeitvertreib ist.
Anna Makirere – Tiare Avatea
Thaddeus: Eine Empfehlung unseres Autoren Christian Blumberg, der das Vinyl kürzlich bei mir auf den Küchentisch legte und nicht wieder mit nach Hause nehmen durfte. Übersetzen könnte man den Plattentitel ungefähr als „Afternoon Flowers“ und wer sich für den Nachmittag tatsächlich etwas Schöneres vorstellen kann, als Blumen, verlasse jetzt diese Webseite und komme nie zurück. Makirere veröffentlichte dieses Album 1981 auf Kassette in ihrer Heimat, den Cookinseln. Weit weg, genau richtig. Makiere singt wohl auf Rarotonganisch, der Sprache der Maori. Mehr muss man eigentlich nicht wissen, bzw.: Jeder ernsthafte Versuch, diese Musik einzuordnen wäre in meinem Fall schlichtes Copy/Paste. Also betexte ich den Sound lieber nicht, sondern lassen ihn lieber für sich stehen, assoziiere auch nichts und versuche schon gar nicht, passende Metaphern für ihre Wirkung im langsam aus dem Winter erwachenden Berlin zu finden. Tolle Platte, noch tollere Songs. Das Vinyl gibt es übrigens hier.
Grandaddy – Last Place
Ji-Hun: Nun ist es doch da. Das erste Album der kalifornischen Band Grandaddy seit 2006. Elf Jahre sind in der Popmusik eine Ewigkeit – wenn man erinnert, was alleine für ein Minimal-Gekloppe zu der Zeit in den Clubs lief … – und doch fühlt sich „Last Place“ so an, als hätte man nach genauso langer Zeit den einen Lieblingspulli wiedergefunden, der sich mindestens so anlässt wie zuvor. Da kneift und mieft auch nichts. Irgendwie sitzt er sogar noch besser. Die Band um Frontmensch Jason Lytle haben diesen einen luftigen, moderat-dynamischen Indie-Rock als ihre Meisterdisziplin ausgemacht. Der wunderbare Song „The Crystal Lake“ von 2000 aus dem Album „The Sophtware Slump“ ist noch immer einer meiner treusten, unerwarteten Ohrwürmer. Was will man groß die Comeback-Zangen bemühen: „Können sie den Erwartungen standhalten?“, „Ist das Album eine Weiterentwicklung?“ Alles total egal, sobald „Last Place“ einmal läuft. Wenn ein geliebter Freund sich nach über zehn Jahren plötzlich wieder meldet, wird ja auch nicht rumkontextualisiert und erst noch eingeordnet. Da macht man zwei Flaschen Wein auf und das wird gefeiert. Genau das mach ich jetzt auch.
##nthng – It Never Ends
Benedikt: Auf der steten Suche nach neuer Musik bastel ich mir drüben bei Bandcamp gerade eine neue Filterbubble. Jeden Tag purzeln die Releases rein. Ich komme mit dem Hören kaum nach, was aber auch nicht schlimm ist, weil fast jeder Session auch ein Klick auf auf „Purchase“ folgt, jedes Auslassen also den Geldbeutel schon. Dieses 1-Click-Buy-System ist ein Verhängnis. Neuester Zugang: nthng – It Never Ends. Schon wieder Lobster Theremin, aber diesmal weder Lo-fi noch Leftfield, auch wenn die Chords mal rauschen und die Drums mal knistern. Stattdessen vergeht sich der Holländer an Dubtechno. Zwar schlägt er die ein oder andere Wegmarkierung Richtung House in die Tracklist und bricht mit Ambient auf, besinnt sich ansonsten aber mit ganz viel Hall, Echo und sphärischer Tiefe auf gleichzeitig kantige Kernelemente. Die Kicks kaum da und doch so spürbar, die Synthies gehen mit dem Loop, ab und zu schält sich eine Melodie heraus. Tut nicht weh, läuft einfach durch und hält nebenbei auch noch schöne Tracks fürs nächste Set bereit. Den Kauf schon wieder nicht bereut.