Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Andrew Pekler, Beatrice Dillon und Move D & Benjamin Brunn.
Andrew Pekler – Sounds From Phantom Islands
Ji-Hun: Die Tracks auf dem Album „Sounds From Phantom Islands“ von Andrew Pekler sind im Laufe der letzten drei Jahre im Rahmen des Projekts „Phantom Islands - A Sonic Atlas“ entstanden. Es handelt sich um eine Webseite, in der Andrew Pekler gemeinsam mit Flavio Gortana (Design und Entwicklung) und Kiwi Menrath (Forschung) das Phänomen der Phantominseln untersucht. Phantominseln sind Inseln, die zu Zeiten des Kolonialismus und der großen Seefahrt auf historischen Karten auftauchten, aber nie wirklich existierten. Ein in vielerlei Hinsicht spannendes anthropologisches und sound-ethnographisches Projekt, vom dem wir hier natürlich mal wieder viel zu spät mitbekommen haben. Dass Peklers Sounds ohnehin erhaben sind, muss ja kaum erklärt werden.
Beatrice Dillon – Workaround
Benedikt: „Ich bin nicht so sehr am Live-Spiel interessiert. Ich bin mehr an der Starrheit des Computers interessiert und daran, ihn zu biegen und dagegen zu drücken. Da spielen keine Leute im Raum. Es sind frei erfundene Lügen!“ Das sagte Beatrice Dillon im Gespräch mit Bandcamp und es kann einen schon verwundern. Immerhin gastieren auf dem Debüt der Londonerin nicht nur Leute wie Laurel Halo oder Batu, sondern auch ein ganzer Haufen Live-Musiker – Kuljit Bhamra auf der Tabla zum Beispiel oder Gitarrist Jonny Lam. Und doch trifft die Aussage es irgendwie ganz gut, denn in alle Richtungen werden die Instrumente gebogen, in immer wieder leicht veränderte, perkussive Patterns eingebettet. Spannend wird „Workaround“ dadurch, dass hier die anscheinend immer gleichen Fragmente bzw. Elemente verwendet werden, sich stets nur deren genaue Zusammensetzung und konkretes Arrangement ändert. Ist nicht genau das ein eigentlicher Wesenskern von Club Music, den Dillon mit dem seltsamen Gefühl von Künstlichkeit und in gemäßigtem Tempo nach außen kehrt?
Move D & Benjamin Brunn – Let’s Call It A Day
Thaddeus: Was David Moufang und Benjamin Brunn im Februar 2006 als Album hingestellt haben, ist auch heute, 14 Jahre später, noch ein unerlässlicher Teil unserer tanzenden, bzw. hier eher wippenden Kultur. Genau deshalb macht es auch Sinn, dass die Platte nun auf Smallville neu veröffentlicht wird. Auf Vinyl gab es sie eh noch nie. 2006. Ein Jahr von dem ersten iPhone. Wenige Wochen vor der Album-Produktion hatte Steve Jobs das PowerBook begraben. Ableton war gerade fünf. Das ist alles so verdammt lange her – und dieses Album ist wie ein Eiskristall, das einen Teil unserer Geschichte einfriert und so am Leben erhält. Moufang und Brunn sind gut miteinander, verfransen sich vorbildlich in langen Jams, lassen den Maschinen ihren Lauf und geben sich ganz ihrem Takt hin. Die Tracks mögen für jüngere Leute Patina-behaftet klingen. Das stimmt natürlich nicht. Fakt ist vielmehr: Heute bewerfen wir uns einfach viel zu selten mit Blumen.