Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Real Estate, Caribou und Luis Miehlich.
Real Estate – The Main Thing
Ji-Hun: Über die Jahre sind mir die Real Estate doch sehr ans Herz gewachsen. Wie unprätentiös und zugleich genialisch Bandmusik doch sein kann. Nun ist das fünfte Studioalbum „The Main Thing“ auf Domino erschienen. Ich denke, das Album ist in vielerlei Hinsicht noch mal eine wesentliche Weiterentwicklung. Was einst recht reduziert und verhalten – Shoegazer-mäßig eben – vorgetragen wurde, ist derweil zum stolzen, zeitlosen Sound gewachsen. „The Main Thing“ referiert nicht selten mit seinen komplexer gewordenen Rhythmen und ausladenden Soli an Steely Dan, woran man sich eigentlich nur die Finger verkohlen kann. Aber nein, auch das kriegen Martin Courtney, Julian Lynch, Alex Bleeker, Jackson Pollis und Jonah Maurer bezaubernd souverän hin. Ein tolles Album. Ein ziemlich tolles sogar.
Caribou – Suddenly
Benedikt: Ich bin ganz happy, dass der Hochglanz-Pop von „Our Love“ nun sozusagen discographisch offiziell der Vergangenheit angehört. Fünf Jahre liegt das Release zurück. Höre ich heute „Can't Do Without You“, bin ich erstaunt, dass der Nerv-Faktor des zu jener Zeit totgespielten Tracks noch immer da ist. Manchmal geht sowas ja auch vorbei, hier scheint der erfolgsbasierte Exitus endgültig. Als Daphni veröffentlichte Dan Snaith zwischenzeitlich „Joli Mai“, jetzt ist der Pop zurück. Der schillert immer noch, dank Snaiths Stimme führt daran wohl auch kein Weg vorbei. Ansonsten hat sich der Kanadier jedoch wieder vom Popsong-Reißbrett befreit und übt sich in jeder ganz sanften Dekonstruktion, die ihm mit „Swim“ 2010 den Durchbruch verschaffte. Und mit den ersten Sonnenstrahlen auf den Augenlidern gereicht mir das an diesem Wochenende völlig. Drüben bei der Groove hat Dan Snaith dieses Album näher in seinen persönlichen musikalischen, familiären, aber auch den gesellschaftlichen Kontext eingeordnet, der Blick hinter die Paywall lohnt sich.
Luis Miehlich – Currents
Thaddeus: Ich experimentiere ja immer noch damit, wie weit ich mich musikalisch runterkochen kann. Diese Miniaturen von Luis Miehlich perlen schon von innen heraus – und finden so tatsächlich ein wenig Halt in meinen Ohren. Das ist schon alles mehr minimal und still. Und auch wenn seine Palette durchaus vielfältig ist, höre ich immer nur auf die Gitarre. Sie hält die Stücke zusammen und gibt dem Album Struktur. Miehlich hat verstanden, dass eigentlich schon ein Ton reicht, wenn die Effektkette dahinter für Korpus sorgt. So entsteht auf „Currents“ eine Kaskade nach der nächsten, die alle zusammenpassen und einen jeweils für sich genommen schon sanft mitreißen. Und wenn dann Kalimba, Gitarre und Synth gemeinsam ihre Runden drehen – irgendwo, mittendrin, zum Beispiel bei „3105“ entsteht stille Magie. So leise, diese Musik. So herrlich leise.