„Wir sind da gänzlich schmerzbefreit“Tuff City Kids über ihren Remix von „Theme From S’Express“
22.11.2017 • Sounds – Interview: Thaddeus Herrmann1988 erblickte ein Stück Musik die Welt, das noch heute als absoluter Klassiker der House Music gilt: Das „Theme From S’Express“ von S’Express, gebildet von Mark Moore und Pascal Gabriel. Ein Stück Sampling-Geschichte und somit Zeugnis einer ganz eigenen Ausprägung des Dancefloors. Knapp 30 Jahre später remixen die Tuff City Kids diesen diskoid-klimpernden Meilenstein, der bis heute so gut wie unangetastet blieb und nur im Original in den Clubs lief. Aber mit Remixen kennen sich die TCK aus. Gerd Janson – Macher von Running Back Records – und Philipp Lauer, der u.a. als Brontosaurus und Lauer veröffentlicht – haben sich als Duo vornehmlich der Bearbeitung von Tracks verschrieben. Ihre eigenen Releases lassen sich fast an zwei Händen abzählen. Wie macht man das eigentlich, einen Klassiker remixen?
„Theme From S’Express“ wurde 1988 veröffentlicht. Könnt ihr euch erinnern, wann ihr das Stück zum ersten Mal gehört habt? Was hat der Song mit euch gemacht?
Phillip Lauer: Ich kann leider keinen genauen Zeitpunkt nennen. 1988 bis ca. 2002 sind recht nebulöse Jahre für mich.
Gerd Janson: In meine Memorik hat sich das Musikvideo zu besagtem Lied unauslöschlich eingebrannt. Wenn mich nicht alles täuscht, sogar noch auf Tele 5. Gerade der Grundschule entwachsen, wurde mir von einem Großcousin väterlicherseits versichert, dass man diese Musik Acid House nennt.
Wie hat sich 29 Jahre später eure Perspektive auf den Track verändert?
Phillip: Ich fand das Lied schon immer gut. Es ist ein Beweis, dass man um einen guten Track zu machen, nicht Mozart sein muss. Das wusste ich früher noch nicht.
Gerd: Ich würde das heutzutage nicht mehr Acid House nennen, sondern einen „Dance Classic“.
Genau das ist „Theme From S’Express“ – ein Klassiker der Dance Music. Da heißt es oft: besser nicht anfassen bzw. remixen, das geht so oder so schief. Wie seht ihr das?
Phillip: Wir sind diesbezüglich gänzlich schmerzbefreit, haben uns auch schon öfters auf Tracks dieses Kalibers gestürzt. Manchmal kann das aber auch nach hinten losgehen.
Gerd: Es gibt ja die Freiheit der Kunst, und auf die berufen wir uns tagtäglich. Man kann nicht aus jedem schlechten Lied ein gutes machen, aber aus guten durchaus schlechte. Oder: Heilige Kühe gibt es nicht nur in Indien.
Ihr verzichtet bei eurem Remix auf einen integralen Signature-Sound des Originals: diesen discoiden Hybriden aus Streichern und Orchester-Stabs. #Wasistdennhierlos?
Phillip: Ist wahrscheinlich meine Schuld, da ich kein großer Freund von Disko-Musik im technischen Sinne bin, unter anderem wegen solcher Streichereinlagen.
Gerd: Das ist Phillips Schuld. Er ist kein großer Freund von Disko-Musik im technischen Sinne – unter anderem wegen solcher Streichereinlagen.
Ihr habt gemeinsam als Tuff City Kids bislang ein Album und zehn Singles veröffentlicht. Kein Vergleich zu den über 100 Remixen, die mittlerweile auf euer Konto gehen. Ist es nicht auf Dauer langweilig, sich vornehmlich mit den Sounds und Spuren anderer Künstlerinnen und Künstler auseinanderzusetzen? Oder ist das Ausgangsmaterial auch nichts anderes als ein neuer Sample-Pack?
Phillip: Remixe sind für uns ein idealer Einstieg in neue Produktionen – weil wir beide keine großen Freunde des „Jammens“ sind. Ich würde behaupten, dass alle unsere Eigenproduktionen Derivate von Remixen sind. Gerd?
Gerd: Phillip, ich würde sagen, nicht ganz ausschließlich Derivate, aber ausschließlich Derivaten geschuldet. Bis auf die „Parallel Forrest EP“ für Prins Thomas Internasjonal-Label. Aber auch da war die Ursprungsidee der Sound eines anderen Künstlers: James Holden.
TCK-Remixe gibt es sehr oft auch im Dub-, bzw. Instrumental-Mix. Warum?
Phillip: Das ist Gerds Schuld. Ich glaube, er hat prinzipiell ein schlechtes Gewissen, Geld für Remixe anzunehmen und will so den Schmerz – seinen eigenen – lindern. Oder es ist Oldschool Realness: kann man ja nie genug von haben.
Gerd: Phillip liegt völlig richtig, mit beiden Vermutungen.
Auf Rhythm King, dem Label auf dem „Theme From S’Express“ damals erschien, gibt es viele Tracks, die noch heute nachhallen. Als Label ist es aber nicht in den Olymp der Influencer aufgestiegen. Eure Top-3 aus der Diskografie des Labels und: Welchen RK-Track würdet ihr noch gerne remixen?
Phillip: Höre den Namen zum ersten Mal.
Gerd: Das wundert mich nicht, Phillip. Bei mir wären das Baby Ford – Ford Trx, The Beatmasters – Ska Train und Bomb The Bass – Beat Dis. Ich wäre aber auch mit dem Erhalt einer Rhythm-King-Bomberjacke zufrieden.