Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: William Doyle, Irakli und Boots For Dancing.
William Doyle – Great Spans of Muddy Time
Ji-Hun: William Doyle produzierte zu seinen frühen Zeiten als East India Youth. „Great Spans of Muddy Time“ ist sein viertes Album unter Real-Alias und es ist ein Highlight geworden. Der englische Musiker verbindet Elektronik, Synthesizer und großes Songwriting, als würde es keine Widersprüche geben, aber die Realität zeigt, dass es diese oft eben doch gibt. Doyle, Jahrgang 91, dürfte Leute wie Jens Lekman oder Jay-Jay Johanson vielleicht gar nicht kennen, der Gestus erinnert mich aber daran. Brian Eno, aber auch Boards of Canada atmen hier auch durch die Spuren. Vor allem sollten gute (Pop-)Alben aber eindringliche Atmosphären schaffen, eigene Räume, hier gibt es einiges zu entdecken.
Irakli – Major Signals
Benedikt: Ich kann nicht leugnen, dass der Corona-bedingte Studiozwang schon jetzt viele tolle, besondere Platten hervorgebracht hat, was den berechtigten Unmut und Frust und die existenzielle Notlage der Branche keineswegs in Abrede stellen soll. Irakli, den wir vor allem als umtriebigen DJ und Party-Veranstalter, aber auch als Produzenten kennen, veröffentlicht bei DIAL eine solche Platte, bei der, allen Kicks zum Trotz, der Dancefloor nicht mehr zwingend mitgedacht wird. Weit weg von jeglichem Bewegungsdrang, bekomme ich das Gefühl, einer persönlichen Improvisation zu lauschen, ein fast schon intimer Moment, der erst möglich wird, weil auch der letzte Breakdown dem Fade gewichen ist. Weil die Synthesizer untereinander kommunizieren, behutsam und vorsichtig aufeinander zu und wieder auseinanderlaufen. Weil hier alles mit allem kommuniziert, sich aber nichts dem Rhythmus, dem Kick – der Party – unterzuordnen hat.
Boots For Dancing – The Undisco Kidds
Thaddi: Eine meiner ganz großen musikalischen Wissenslücken ist der Post-Punk. Schlicht keine Ahnung von. Ein paar Jahre später bin ich dann wieder an Bord, diese Zwischenphase jedoch – Auskennerinnen und Auskenner werden mir ob dieses Begriffs den Kopf abreißen – ist mir ein Rätsel. Wenn mein Lieblings-Plattenladen für den Dancefloor (erinnert ihr euch noch an die Zeit, in der wir Techno-Platten kauften?) eine Reissue des einzigen Albums der schottischen Band listet, die von 1979 bis 1982 sporadisch veröffentlichte, bin ich erstmal interessiert. Und auch fasziniert. Ich weiß nach wie vor nicht, ob ich mit dieser Musik wirklich langfristig warm werde, im Moment jedoch fühlen sich die Tracks befreiend an. Ich werde am Wochenende einen langen Spaziergang mit der Musik machen, durch den Park trippeln, vielleicht auch dancen. Und wiederum vielleicht dann ein wenig Recherche betreiben. Wer mögliche Einstigespunkte für mich Techno-Kind hat: thaddi (@) dasfilter (dot) com. Danke.