Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Teen Daze, Marianne Faithfull und Aesop Rock x Blockhead.
Teen Daze – Interior
Jan-Peter: Jamison Isaak aus dem vermutlich nun ziemlich kühlen British Columbia in Kanada legt ein Album vor das nichtwinterlicher nicht sein könnte. Locker, sonnig, gut gelaunt, draußen tanzen, mit einer schönen synthiepoppigen Grundhaltung. Sogar Pianos! Also kurz: Genau das, was wir jetzt alle eigentlich ganz gut gebrauchen können, eine schön gelegte Bahn Anachronismus. Tatsächlich rekurriert Isaak damit auf die Musik, die er als Teen gehört hat (hallo Likemind) und präsentiert sich damit weniger elegisch-atmoshärisch als z.B. auf „Themes For Dying Earth“, wobei auch das Album, don’t get me wrong, ein schönes ist. Ich habe gerade so gar keinen Bock, mich in Drones und Tiefen einzuhallen, und nach einer tollen Woche mit dem Bestgelauntesten von The Style Council passt mir „Interior“ gut rein.
Marianne Faithfull – Negative Capability
Thaddi: Ich konnte Benedikt Bentler im Februar 2021 nur zustimmen: „Carnage“ von Nick Cave und Warren Ellis war und ist ein unfassbares Album. Darum beende ich mein Review-Jahr mit einer weiteren Arbeit der beiden. Die ist zwar nicht mehr neu, aber umso beeindruckender. Die Geschichte von Marianne Faithfull muss ich hier nicht ausbreiten, dafür wäre ich auch der falsche. 2018 veröffentlichte sie „Negative Capability“, bislang war es vollkommen an mir vorbeigegangen. Cave, Ellis und zahlreiche andere haben mir ihr an diesem Album gearbeitet. Sie war 71 und gesundheitlich nicht auf der Höhe. Natürlich denke ich da sofort von die Album-Serie von Rubin und Cash, aber der Vergleich will einfach nicht passen. Zumal sich die Musiker:innen nicht vergleichen lassen und mir der Sound hier einfach noch besser taugt. Weil es vielmehr um die Band, das Gemeinschaftliche geht, als um den trüben Spot auf den Solo-Künstler Cash. Die knappe Stunde Musik, die uns hier entgegenkommt, ist herzzerreißend deep, dabei aufrüttelnd und – ohne mich auszukennen – frisch wie nichts anderes. „Remember, death is far away.“ Einfach wundervoll.
Aesop Rock x Blockhead – Garbology
Ji-Hun: Bereits 1999 produzierte Blockhead einen ersten Beat für Aesop Rock. Über 20 Jahre später erscheint nun das gemeinsame Album „Garbology“ und vorneweg, es ist ein sehr gutes Album geworden. Aesop Rock gilt seit jeher als einer der eloquentesten Rapper überhaupt, hat es aber dennoch nie zu Bling-BlingWeltruhm geschafft. Vielleicht wollte er es auch nicht. Die 14 Tracks grooven in bester Def-Jux-Mentalität. Die Beats slammen episch, sind deep und die Rhymes von Aesop Rock reflektieren soziale Isolation, Verlust geliebter Menschen und analysiert akribisch den Müll unserer modernen Gesellschaft, in dem so viel Abgründiges wie Erhellendes zu finden ist, wenn man sich nur mal genauer damit auseinandersetzt. So gesehen ist der Albumtitel Programm, und wie der Waschzettel zurecht sagt „ein Soundtrack unserer Zeit“.