Sid Le Rock, Boytronic, Denzel CurryWochenend-Walkman – 01. April 2022

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Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Sid Le Rock, Boytronic und Denzel Curry.

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Sid Le Rock: Invisible Nation

Jan-Peter: Ob sich Sheldon Sidney Thompson bzw. Sid Le Rock an mich erinnert? Bestimmt nicht. Ich aber: Wir saßen uns mal in einem IC gegenüber, das muss 2004 oder so gewesen sein. Und an 2004 erinnert mich auch dieses Album, mit diesem peitschenden Beat, Schaffel und dieser gewissen Electroclashhaftigkeit. „Invisible Nation“ ist für mich Retro pur. Ich weiß gerade noch nicht, ob ich das insgesamt gerade gut finden soll oder nicht. Aber es sind schon ein paar nette Tracks in diesem doch sehr homogen wirkenden Fünfzigminüter drin, die an schunkelige Zeiten anschließen. Gleichzeitig, und da muss man etwas genauer hinhören, tut sich da ein neues Thema auf, denn das Album rekurriert mit eingeflochtenen Sounds auch auf die traditionelle Musik kanadischer Ureinwohner:innen, der Künstler hat einen Teil seiner Wurzeln selbst in der Gruppe der Algokin. Ethno-Kitsch kommt dabei nicht auf, ist schon konsistent. Kann man machen, so wie IC fahren.

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Boytronic – The Working Model

Thaddi: Als ich mich neulich an das 89er-Konzert von Camouflage erinnerte, erwähnte ich in diesem Text kurz Boytronic. Das fanden ein paar gleichaltrige Elektronik-Rentner super und spendierten Daumen auf Facebook. Das Debütalbum der Band von 1983 ist aber in der Tat noch heute ein Slammer. Nicht nur dank der Hit-Single „You“. Tracks wie „Lunar Square“ triggern noch heute die Euphorie, die für mich eigentlich erst vom Techno Jahre später definiert wurde. Und: Mit Oktavbass bekommt man sich sowieso immer. Seit ein paar Tagen also habe ich die Stücke wieder auf den Ohren. Und freue mich, dass ich mich rechtzeitig an dieses Album erinnert habe.

Denzel Curry Melt My Eyez, See Your Future Album Cover

Denzel Curry – Melt My Eyez, See Your Future

Ji-Hun: Der aus Florida stammende Rapper Denzel Curry startete seine Karriere im Alter von 18. Das war 2013. Mit „Melt My Eyez, See Your Future“ bringt er nun sein bereits fünftes Album heraus. Curry stand zu Beginn für lauten trappigen Hardcore-Rap für den Kreis. Mein Herz gewann Denzel Curry vor drei Jahren mit der Cover-Version von „Bulls On Parade“ von Rage Against The Machine für Like A Version. Ich bekomme da immer noch Gänsehaut. Bei „Melt My Eyez, See Your Future“ zeigt sich Denzel Curry im schillernden Licht der 90er-Jahre. Die heute sogenannte Goldene Ära des HipHop: J Dilla, Native Tongue, De La Soul, Common, The Pharcyde. Von Sekunde Eins an ist hier aber nichts gewollt. Die Produktionen klingen trotz der verstaubten Zeitverortung frisch und modern. Es ist die Weiterentwicklung eines großen Rappers, eine Reminiszenz an Currys eigene Kindheits-Heroen wie Big L, Nas oder Jay Z, und letztlich ein wahnsinnig schönes und schlüssiges HipHop-Album mit Potential zum Klassiker.

Zivilisatorische VerrohungFilmkritik: „Donbass“ von Sergei Loznitsa

Frequenzfilter 02. April 2022 – andere Medien, andere ThemenSesamstraße, Meta, Narcoland