Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Ron Trent, Interstellar Bungalow und Werbung von Londoner Piratenradios aus den 1990er-Jahren.
Ron Trent – What Do The Stars Say To You
Ji-Hun: Die Chicagoer House-Legende Ron Trent meldet sich mit einem angenehm unclubbigen Album zurück. Die zwölf Tracks auf „What Do The Stars Say To You“ passen zu den heißen Tagen, wie wir sie gerade erleben, sehr gut. Ein lauer erfrischender Windstrom, der beim Sonnenuntergang durch die Gassen und Fenster zieht. Ron Trent hat sich für das Album einige Features an Bord geholt. Mit dabei sind unter anderen Ivan Conti und Lars Bartkuhn, Gigi Masin, Venecia, Khruangin und Jean-Luc Ponty. Die Sounds und Synthesizer verweisen eher auf vergangene Dekaden, auf Manuel Göttsching, japanischen New Age und eine Zeit, in der es im Club noch einen Chill-out-Floor gab. Das ist gefällig, bleibt aber elegant und umhüllt wohlig, ohne den Hedonismus aus dem Fokus zu verlieren.
Interstellar Bungalow – Cargo
Jan-Peter: Low-Fi-Pop, oh ja, very much so. Bei Interstellar Bungalow ist alles hallig, dumpf, scheinbar unarrangiert. Es klingt wie ein guter Konzertmitschnitt bzw. eine nicht aufs Maximum ausgerichtete Studioaufnahme, und so soll es wohl sein bei dem Trio aus Graz. Die Fünf-Stücke-EP wird nicht, haha, lange nachhallen, jedenfalls bei mir nicht, aber kann man mal hören. So wie man sich ab und an mal eine alte Pavement-Platte anhören kann. Grüße runter an Thaddi, ich kann dir sagen, wenn man mit Kindern zu Hause sitzt, am besten noch in Quarantäne, denkt man umso intensiver über ein werbefreies YouTube nach. Zumindest können sie die Kackspots nun schon selbst wegklicken. Dass ein dreijähriger Mensch den Unterschied zwischen Inhalt und Werbung erkennt, faszinierend.
London Pirate Radio Adverts 1984-1993, Vol. 2
Thaddi: Ich bin nach wie vor nicht bereit, mir werbefreies YouTube zu leisten. Also ertrage ich die vom vollkommen durchgeknallten Algorithmus zusammengestellten Ads, bis ich sie wegklicken kann. Wird immer schlimmer. Und ich habe mir auch nach zig Tausenden Zwangsberieselungen immer noch kein Chromebook gekauft. Eat this, Google. Ich müsste eigentlich also die Nase gestrichen voll haben von Werbung. Und doch höre ich den zweiten Teil der London Pirate Radio Adverts mit großer Freude. Den ersten Teil hatte ich ja bereits Anfang 2021 gefeiert. Die 40 Tracks, pardon, Ads, sind ja nicht weniger als prekär produzierte Oral History, ein Blick zurück in die rasende UKW-Geschichte. Von Restos über Datelines bis zu Party-Teasern: Das Rauschen kommt nie von ungefähr. So etwas gehört in jedes Schallarchiv.