Ravegeschichte: 25 Jahre 1992Heute: „Next Is The E“ von Moby
24.8.2017 • Sounds – Text: Jan-Peter Wulf1992 war das große Jahr von UK-Rave, Breakbeats und Hardcore. Das-Filter-Redakteur Jan-Peter Wulf stellt euch in seiner Kolumne die Stücke vor, mit denen ein Underground-Phänomen zum Chartbreaker-Lieferant wurde. Eine kurze, aber spannende Zeit, die vor 26 Jahren begann und vor 24 Jahren schon fast wieder zu Ende war. Heute sind wir zu Besuch beim jungen Moby.
Dieses Stück finde ich immer noch glänzend: „Next Is The E“ von Moby. Ein hektischer, treibender Klavier-Streicher-Vocal-Track, eine lupenreine 1992er-Ravenummer aus der Feder jungen Richard Melville Hall, der sich seinen Künstlernamen nach dem berühmten Roman „Moby Dick“ gab, welchen sein Ur-Ur-Großonkel Herman Melville 1851 veröffentlicht hatte. Moby. Einer der wenigen, die schon so früh dabei waren und immer noch da sind. 1991 geriet der schmächtige US-Ostküstenboy mit seinem epischen „Go“, das auf der packenden Twin-Peaks-Melodie basiert, das erste Mal in die Aufmerksamkeit der Musikwelt. „Go“ ist immer noch das beste Stück Mobys, „Next Is The E“ folgt dicht dahinter, und beide befinden sich auf Mobys bestem Album, „Moby“ von 1992: ein Spagat zwischen meditativer, trippiger Elektronik und kantigem, im Rohzustand belassenen Techno, der exakt so klingt wie seinerzeit alle Stücke auf der ikonischen Compilation-Reihe jener Tage, „Technotrax“ von ZYX Music.
Moby ist der zweifellos europäischste der amerikanischen Technoproduzenten, lässt seine Stücke von den Künstlern des Berliner Ravetechno-Labels Low Spirit à la Westbam remixen und spielt auf großen Raves in der alten Welt, nie ohne am Ende sein Keyboard auf der Bühne zu zertrümmern. Eine für meinen Geschmack manchmal etwas zu schillernde Figur. Nach seiner Rave-Frühphase machte er auf Punk und tauschte das Keyboard gegen die E-Gitarre (er hatte als Jugendlicher schon in Hardcorebands gespielt). Dann wurde er Aktivist, brachte in dem Zuge 1996 das Album „Animal Rights“ heraus, übte sich in Kapitalismuskritik und war 1999 dann aber der erste Künstler, der jeden einzelnen Song eines Albums („Play“) für Werbezwecke lizenzierte und damit nachhaltig wohlhabend wurde. War das eine späte Rache dafür, dass ihn der Automobilhersteller Toyota mit einer nichtlizenzierten und somit nichtbezahlten Soundalike-Version von „Go“ einst abgezogen hatte?
Doch nicht nur das. Für einen Teil der Songs jenes Sellout-Albums „Play“ hatte sich Moby üppig an einem Sampler mit alter amerikanischer Musik, „Sounds Of The South: A Musical Journey From The Georgia Sea Islands To The Mississippi Delta“ bedient. So weit, so gut. Die CD mit der Musik allerdings hatte ihm ein alter Freund zugesteckt mit der Idee, das sei doch bestimmt was für ihn. Und wie. Moby sampelte drauf los wie ein Irrer, machte Millionen mit dem Album, der Freund bekam nicht mal seine CD zurück. 20 Jahre lang nicht. Dann möchte er sie endlich wiederhaben. Was dann passiert, erzählt ein unterhaltsamer Podcast. Eine Ravegeschichte of its own.