Plattenkritik: Valentin Stip - SighSchützling überholt seinen Lehrmeister Nicolas Jaar
31.3.2014 • Sounds – Text: Thaddeus HerrmannWährend Darling und vermutetes Wunderkind Nicolas Jaar aktuell gerne als „Darkside“ daddelt, umspült Valentin Stip unsere nackten Füße mit einer entrückten und doch zeitgemäßen Version von Ambient.
Gerade mal 21 Jahre alt ist Stip, eigentlich Franzose, aber schon lange Teil der New Yorker Blase. Dort stieß er irgendwann mit Nicolas Jaar zusammen, der gleich ein paar von Stips Tracks veröffentlichte, auf Clown & Sunset, wo beispielsweise auch das wundervolle Album „MST“ von Acid Pauli erschien, einem Mann, den wir besser als Martin Gretschmann von The Notwist kennen.
Für das erste Album von Stip entschieden sich beide für eine andere Strategie. Es erscheint auf Jaars zweitem Label Other People, einer Art Umsonst-Musikabo. Ja, diese Platte kostet nichts. Und ist doch alles andere als Ausschussware.
Das Tolle an Sigh ist, dass man zu diesem Ambient tanzen kann. Und muss. Die acht Tracks sind nicht die übliche Anhäufung von Wohlklang, von Melancholie und Hollywood'scher Schwermut. Stip kreiert hier einen kleinen Mikrokosmos aus sanften Beats, jeder Menge Fieldrecordings, obskuren Samples, einem kleinen Spritzer Ethnozität (ohne geht es ja gerade bei jungen Produzenten aktuell ja nicht) und vor allem einem Gefühl der Zusammengehörigkeit. Denn all die Zutaten, die Stip hier einsetzt, um das Album rund zu machen, fallen wie von selbst auf die Füße, finden ganz automatisch ihre vorgesehenen Plätze und nehmen sofort die Arbeit auf. Ein beeindruckendes Orchester, ganz ohne Dirigenten, könnte man vermuten, so loose und ohne beherrschendes Raster entwickeln die Stücke ihren ganz eigenen Groove. Zwischen Streichquartett, Kurzwellenradio und Post-Dubstep-Restgeräusch arbeitet sich Stip Stück für Stück, Track und Track weiter an die Oberfläche. Mit subtilen Arrangements, phänomenalem Sound Design und einem sehr besonderen Gefühl für die neue Räumlichkeit, die jede Art von Musik so dringend benötigt. Eine überraschende und gleichzeitig enorm beruhigende Veröffentlichung. Stip ist jemand zum Auf-den-Zettel-Schreiben.
Valentin Stip, Sigh, ist auf Other People erschienen.