Plattenkritik: Sortlegeme – They Are Many (Barkhausen)Für den Vorfrühling
8.3.2024 • Sounds – Text: Jan-Peter WulfJeppe Dalsgaard Andersen legt mit seinem neuen Album das perfekte Ambient-Kleinod für den ausklingenden Winter vor, findet Jan-Peter Wulf.
Ich kann dieser Jahreszwischenzeit, in der wir uns gerade befinden, durchaus was abgewinnen. Viel mehr jedenfalls als dem Berliner Januar. Es Anfang März, noch kalt, aber die Tage werden länger, die Sonnenstrahlen kämpfen sich tapfer immer tiefer durch, aber es liegt noch Rauhreif auf dem morgendlichen Boden. Vorfrühling nennt der phänologische Kalender, der zehn Jahreszeiten kennt, diese Phase. Eine, in der man einfach noch ein wenig Geduld haben muss – oder die man einfach so, wie sie ist, genießen sollte. Am besten natürlich mit einem guten Soundtrack, und der kommt in diesem Fall aus Dänemark. Jeppe Dalsgaard Andersen aus Kopenhagen veröffentlicht schon seit 2009 Ambient, zunächst unter dem Namen „Outer Nothingness“ und mittlerweile auch unter dem Projektnamen „Sortlegeme“. War der Vorgänger „Zero Intensity“ ein Noise- und Drone-Werk, fokussiert er sich mit seinem im Februar erschienenen Album ganz auf die Fläche: „They Are Many“ ist ein einziger großer Klangteppich. Mit einer Melodiösität, die an kalte Sci-Fi-Soundtracks erinnert wie so manches Stück aus Vangelis’ Kompositionen zu Blade Runner, insbesondere bei „Never Alone Always Many“ oder „Spawning“, teilweise geht es ins, wie hieß es gleich noch, Neotrancige hinein, wie in „Drowning In The Swamp“. Jede Menge Pathos steckt drin in diesem Werk, deutlich mehr als in „Zero Intensity“, aber mit dem richtigen Anlass – vielleicht vor einem Waldrand stehen, vielleicht das Abendlicht genießen, vielleicht ein bisschen dabei frieren – fährt dieser gut rein. Musik für den Moment.