Plattenkritik: Purelink – Faith (Peak Oil)Leichtfüßige Eleganz

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Voll leiser Kraft malen Purelink unsere Welt mit rosa Rauschen an.

Wenn es um Musik geht, haben alle ihre ganz persönlichen Trigger auf dem Weg ins Glück. Das können Sounds sein, Akkorde, Melodien, Refrains voller Erinnerungen oder Lieblingsinstrumente, die für einen kurzen Moment allein den Ton angeben. Bei Purelink dreht sich alles um Sound.

Und der Sound des Trios aus Chicago – mittlerweile nach New York City umgesiedelt – ist ziemlich einzigartig. Tommy Paslaski (aka Concave Reflection), Ben Paulson (aka kindtree) und Akeem Asani (aka Millia) arbeiten seit 2020 gemeinsam an einer Art von Musik, die sich nicht wirklich auf ein Stichwort destillieren lässt, auch wenn die Einflüsse zahlreich sind und mindestens ebenso viele Referenzen an die Oberfläche des Gedächtnis spülen. Ein bisschen Dub(techno), ein bisschen Drum and Bass, ein bisschen Beatmaking (mal konkret, mal eher verknispelt), viel verrauschte Glückseligkeit. Doch so einfach ist das alles nicht, schon gar nicht auf „Faith“, dem – je nach Zählung – zweiten oder dritten Albums des Projekts. Die sechs Tracks fließen mit stoischem Selbstvertrauen den Berg hinauf. Hier mündet nichts, hier gilt es vielmehr, den Ursprung zu finden. Und wo auf früheren Platten die Beats noch der offensichtliche Haltegriff in diesem Universum waren, schwebt und fließt „Faith“ mit erhabener Schönheit gen Himmel und Gipfel und will nie wieder zurückkehren. Warum auch.

Um dann doch zu versuchen, es ein wenig greifbarer und konkreter zu beschreiben: Natürlich gibt es in diesem liquiden Streben nach oben Anker. Das sind die beiden Tracks mit Loraine James („Rookie“) und „First Iota“ mit Angelina Nonaj. Ihre Vocals sind wie wetterleuchtende Akzente in einem knochentrockenen und doch blühenden Sumpf des Vagen. Dieses Vage bestimmt das Album ohnehin, auch wenn die Sounds, vor allem die stehenden Chords mit ihren wenigen Akzenten, ungewöhnlich vertraut klingen und doch unnahbar bleiben. Vielleicht so, wie es Dan Abrams als Shuttle358 auf „Frame“ schon im Jahr 2000 vorgemacht hat. Und vielleicht wird auch „Faith“ in 25 Jahren rückblickend einen ebenso epochalen Stellenwert haben wie „Frame“.

Wenn einen solche Sounds berühren, lässt sich noch lange nicht sagen, warum das so ist. Es gibt bei Purelink keinen kleinsten gemeinsamen Nenner, auf den man sich einigen kann. Dazu sind die auf den ersten Blick so einfach angelegten Kompositionen zu vielschichtig. Haben zu viele Nischen und freundliche Hinterhalte in petto. Nur bleiben die lange unbemerkt. Das muss ja auch so sein. Denn wenn etwas den Berg hinauf unterwegs ist, ändert sich das Wetter kontinuierlich. Um sich darauf einzulassen, braucht es „Faith“. Nur dann entknotet sich im letzten Track „Circle Of Dust“ das wunderbare musikalische Gestrüpp, das zu keiner Sekunde der knapp 40 Minuten auch nur ansatzweise eines ist.

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