Plattenkritik: Philipp Priebe - The Being Of The BeautifulVon Greifswald nach Japan und zurück
22.5.2014 • Sounds – Text: Thaddeus HerrmannDiese Platte gehört in jedes Regal.
Wie aus dem Nichts erreicht uns das Album von Philipp Priebe im genau richtigen Moment. Der Wind dreht, das Wetter springt in Nullkommanix von 0 auf 100. Es ist die Zeit, in der die Vögel für ganz kurze Zeit den ganzen Tag über in den Bauwipfeln der Hinterhöfe sitzenbleiben und noch keinen Schatten suchen. Es ist dieses gute, noch nicht überhitzte Flirren, das uns dann doch immer wieder überredet, downtown wohnen zu bleiben.
Philipp Priebe orchestriert dieses Gefühl mit einem fulminant zurückhaltenden Entwurf von House. House, der jedoch mehr sein will und auch ist. Die Drummachine? Funky, aber unwichtig. Die Basslines? Auf den Punkt und doch nur Beiwerk. Worum es Priebe eigentlich geht, sind die Melodien, Stimmungen und ein unmissverständliches Bekenntnis zur Schönheit der Melancholie.
Priebe lebt in Greifswald. Und fühlt sich dem berühmtesten Sohn dieser Stadt, Caspar David Friedrich, sehr verbunden. Zwei Männer, die gleiche Idee, unterschiedliche Epochen und Ansätze. Der eine mit dem Pinsel, der andere mit Synthesizer. Beide mit lockerer und versierter Hand. Die Musik von Priebe atmet Sehnsucht und will umarmt werden. Sie ist wie ein Mantel, mit dem man auf Weltreise gehen will und in dem noch Platz für Gleichgesinnte ist. Und doch bei aller verhuschten Insichgekehrtheit konkret genug und mit ausreichend Wiedererkennungswert bestückt ist, um die Tanzflächen dieser Welt ein für alle Mal zu entern. Auch ein Bild von Caspar David Friedrich kann man aus unterschiedlichen Perspektiven immer wieder neu entdecken.
Dieses Album muss wahrgenommen werden. Es muss gehört werden, darf nicht untergehen im viel zu lauten Rauschen des Tagesgeschäfts Tanzmusik. Denn es ist eines dieser Alben, das eine Geschichte erzählt, die in zehn, 20 Jahren immer noch relevant und wichtig ist. Mit Sounds arbeitet, die so zeitlos und erhaben sind, dass sie kein Verfallsdatum haben. Irgendwie ist es keine Überraschung, dass das Album auf einem japanischen Label erscheint.
Philipp Priebe, The Being Of The Beautiful, ist auf Ilya Records erschienen.
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