Plattenkritik: Philipp Johann Timm – Birds Singing Till The World Ends (Italic)Ein spannendes Debüt
6.10.2023 • Sounds – Text: Jan-Peter WulfDer Berliner Musiker und Multinstrumentalist Philipp Johann Timm hat sein erstes Soloalbum veröffentlicht – eine spannende Melange diverser Genres und analog-digitaler Klänge.
Ich habe viel gute Musik gehört in den vergangenen Tagen. Gut auch in dem Sinne, dass sie einfach hervorragend klang, weil die Orte, an denen ich sie hören durfte, eine Menge dafür tun, dass sie das darf. Man nennt diese Orte Listening-Bars, bzw. kissas im Japanischen, denn dort entstanden sie als erste (und das schon vor fast hundert Jahren): Cafés mit guter Anlage, richtig guter, in der die Gäste Schallplatten hören, von vorne bis hinten durch. Jetzt gibt es in Berlin bald ein halbes Dutzend dieser Bars, und wenn man dann Stücke wie „They Say It’s Wonderful“ von John Coltrane durch warme, trockene Vintage-Horns hört, die früher Kinos beschallten, das macht schon was mit einem. Leider ist die Akustik in vielen Läden ja immer noch viel zu bescheiden, um es vorsichtig zu formulieren. Die Musik von Philipp Johann Timm würde ich auch gerne in so einem Arrangement hören als auf meinen bescheidenen Kopfhörern. Denn vollgepackt mit Gitarren und Celli, Pianos und den elektronischen Flächen, mal angetrieben von sanften Perkussionen, mal komplett den schmalen verschlungenen Gartenweg hinaufschlendernd, ist „Birds Singing Till The World Ends“ ein überaus facettenreiches Erstwerk geworden. Solo-Erstwerk: Thimm hatte früher eine Band („Abby“) und hat als Musiker und Produzent für eine ganze Menge von bekannten Künstler:innen gearbeitet, unter anderem Ellen Allien, Casper, Haftbefehl, Kraftklub, Jan Blomqvist, Thees Uhlmann und Moderat bzw. Apparat – die Zusammenarbeit mit Sascha Ring ist besonders eng, er hat auch an diesem Album mitgewirkt (u.a. als lyrische Stimme). Durchaus mit avantgardistischem Anspruch, aber eben auch durchaus listenable. Der Satz „man darf gespannt sein, was man von diesem Künstler noch hören wird“ ist eigentlich verboten, aber hier erlauben wir uns ihn, weil das sind wir wirklich.