Plattenkritik: Peggy Gou – I Hear You (XL Recordings)Zwischen Vogue und Formula One
7.6.2024 • Sounds – Text: Jan-Peter Wulf, Das Debütalbum des DJ-Superstars ist ein konsumpoppiges Nineties-Pastiche.
„Peggy Gou gilt damit im Genre der international Tonkonserven vor Publikum abspielenden DJ-Entertainer etwa neben der Russin Nina Kraviz oder der US-amerikanischen DJane The Black Madonna als einer der wenigen weiblichen Stars im traditionell männlich dominierten Genre. Mit einer beständig Richtung der Millionenmarke gehenden Zahl von Followern auf Instagram hatte sie es, abgesehen von einigen wenigen Singles und EPs, nach nur zwei-, dreijähriger internationaler Karriere bisher auch nicht nötig, ein eigenes Album zu veröffentlichen“, grantelte der Standard 2019 zur Veröffentlichung von Gous Beitrag zur DJ-Kicks-Reihe.
Es hat noch mal fünf Jahre gedauert bis zum ersten Album. Gou hatte ja auch genug zu tun, und Popstar werden kann man, zeigt sie in Perfektion, auch ohne Platte, zuletzt konnte man sie auf Vogue-Covern oder beim Auflegen bei der Formel Eins in Monaco sichten. Jetzt aber bringt die gebürtige Südkoreanerin, die seit über zehn Jahren in Berlin lebt und längst Weltstar ist, „I Hear You“ an den Start. Sagen wir es so: Es ist konsequent. Weg vom Club, hin zum Mode-Einzelhandel. Da passt es gut rein, so leicht-seicht und mit zu erwartenden K-Pop-Anleihen es daher kommt, Track für Track. Eingängig und ausgängig, zum einen Ohr rein, zum anderen raus. Dafür müssen die Signalsounds von Robin S. und ATB zum wasweißichwievielten Male herhalten. Nochmal durchgehört: Fällt was positiv aus dem Rahmen? Ja, „1+1=11“ geht tatsächlich ganz gut rein, das Video mit Ólafur Elíasson ist auch putzig. Zwischendurch singt Lenny Kravitz im Falsett. Der hat seinen Wunsch, zwei Dekaden früher geboren worden zu sein, früher noch mit Würde intoniert. Dass ein Star der Neuen Zwanziger sich an den Neunzigern bedient, ist ja völlig in Ordnung, so ist Pop. Aber es darf dann bitte auch gut sein. „I Hear You“ wird vermutlich schnell verhallen. Egal, die globalen Tourbuchungen bis Jahresende sind drin und der Privatjet ist aufgetankt.
Eine Frage bleibt offen: Warum muss so etwas dann noch auf dem ewigen Indie XL Recordings erscheinen?