Plattenkritik: Katie Gavin – What A Relief (Saddest Factory)Make America Small Again

Katie Gavin

Muna-Sängerin Katie Gavin schlägt auf ihrem Soloalbum folkige Töne an und gibt Einblicke in ein angenehm kleines, persönliches, alltägliches Amerika. Das ist hoffentlich (wieder) Zukunftsmusik.

Moment, hat Katie Gavin jetzt gerade echt I Want You To Fuck Me gesungen? Kurzer Lyricscheck: hat sie. Und das mit säuselnder Stimme zum wunderbar leiernden Klang einer Pedal-Steel-Guitar: US-Folk kann traditionell klingen und zugleich ziemlich unkonservativ sprechen. Nice. Es ist das erste Soloalbum der Sängerin der Darkpop-Band Band Muna und so ganz anders als der schmissige Pop des Trios. Versunken, melancholisch, hoffnungsvoll. Ein Album, das in wilden Zeiten erscheint, in Tagen, in denen ein ganzes Land und die Welt drumzu den Wahlergebnissen der kommenden Woche entgegen fiebert. Das Land ist bekanntlich tiefst gespalten, nur wenigen Menschen gelingt es noch, diese Gräben zu überwinden. Womit wir wieder beim Country wären und ihrer Ikone Dolly Parton, die (das veranschaulicht auch ein schöner Podcast) es schafft, im erzkonservativen wie im progressiv-liberalen Amerika zu reüssieren. Weswegen sie ihre politische Haltung auch immer zu kaschieren bemüht ist – das wäre die Entscheidung, sich von ungefähr der Hälfte der Fans zu verabschieden –, während Beyoncé (nochmal Country, neuerdings), Taylor Swift oder Jennifer Lopez, kein Wunder nach dem Puerto-Rico-Affront der Republikaner, sich Kamala Harris zugewandt haben. Ob es den Demokraten, der Demokratie, was gebracht hat oder nicht, werden wir Mittwochmorgen wissen. Oder auch nicht. „What A Relief“ heißt das Album, hoffentlich eine Prophezeiung. Jetzt aber mal die Kunst für die Kunst betrachtet, ist es ein schönes, sehr persönliches, musikalisches Kleinod, das beim wiederholten Hören seine Vielseitigkeit in den Zwischentönen offenbart. Eine Platte, die für mich nach einem unaufgeregten, kleinen, mit sich und seinen alltäglichen Sehnsüchten und Sorgen, Wünschen und Herausforderungen beschäftigten Alltagsamerika klingt. Möge es wieder so werden.

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