Plattenkritik: Efdemin - DecayPhillip Sollmann findet in Japan seine musikalische Mitte
10.4.2014 • Sounds – Text: Bianca HeuserVier Jahre nach „Chicago“, Efdemins Sophomore-Album auf Dial Records, erscheint jetzt das dritte Studioalbum des Wahlberliners, ebenfalls bei dem Hamburger Label. Sein Titel, „Decay“, sowie das Cover (eine Collage, die Dial-Grafiker Till Sperle aus 18 von Phillip Sollmann geschossenen Fotos von einer Kyoto umgebenden Bergkette zusammenstellte) erzählen zwei Geschichten, die am Herzen dieser Platte liegen.
Zum einen entstand „Decay“ größtenteils in Kyoto. Phillip Sollmann, so Efdemins bürgerlicher Name, hielt sich dort im Spätsommer und Herbst letztens Jahres für drei Monate im Rahmen eines Stipendiums des Münchner Goethe-Instituts auf. Das Stipendium erhielten er und die bildende Künstlerin Hanna Schwarz. Aus der Kollaboration entstand unter anderem das Video zu „The Meadow“:
Wie „The Meadow“ schon demonstriert, zeigt sich der Einfluss von Efdemins Japan-Aufenthalt auf „Decay“ in dessen state of mind: Das Material, aus dem das Album entstand, wurde schon vorher in Berlin aufgenommen. In Kyoto, zwischen Tempelbesuchen und Japanisch-Unterricht, setzte Efdemin „Decay“ dann nur noch zusammen. Für all seine Kraft ist es von einer überraschenden Ruhe. Mehr als alle vorangegangenen Produktionen Efdemins ist „Decay“ straighter Techno, der aus 10 Stücken dank deren enormer Konsistenz trotzdem einen Zen-artigen Zustand herzustellen weiß. Insgesamt sei Japan sehr fokussiert, findet Sollmann, und das spiegle sich letztlich auch in der Musik wieder.
Das Motiv Japans, das auf dem Cover repräsentiert ist, steht mit dem zweiten, dem des Verfalls aus dem Titel in Verbindung. Efdemin ist fasziniert von der Rolle, die Verfall im Buddhismus einnimmt: Er wird als ganz elementarer Teil des Lebens mitgedacht, statt so gut es geht verdrängt. Biografisch, so Sollmann, befinde er sich ebenfalls an einem Punkt, an dem er Verfall als Herausforderung ernstnehmen müsse. Was jedoch auch jenseits der Zwanziger Bestand hat sind ästhetische Prägungen und Hörgewohnheiten. So hört man „Decay“ mehr denn je Efdemins Vorliebe für Detroit Techno an, alles in gewohnt elegantem Dial-Outfit.
Efdemin, „Decay“, ist bei Dial Records erschienen.