Plattenkritik: Claro Intelecto - Stanza EPVierviertel-Vierzeiler ohne Vierviertel
23.5.2014 • Sounds – Text: Thaddeus Herrmann<3 für den neuen Dancefloor.
Mark Stewart versteht es seit Beginn seiner Karriere wie kaum ein anderer, Herzensangelegenheiten auf der Tanzfläche zu verorten und zu orchestrieren. Drei Alben und unzählige EPs hat er in den letzten elf Jahren veröffentlicht. Sein Debüt, die „Peace Of Mind“-EP mit dem gleichnamigen Titeltrack, setzte Standards, die heute noch gelten. Eine sehr britische Angelegenheit. Dort klingt die Seele einfach anders. Erinnern wir uns für ein paar Minuten an die epische Schönheit dieser EP.
Stewart gehörte über ein paar Jahre zu den Aushängeschildern einer neuen Szene aus Manchester. Für das Label Modern Love nahmen er und Andy Stott zahlreiche prägende Tracks auf, die mit dafür verantwortlich waren, dass die Haçienda-Stadt auf der Landkarte des Techno wieder neu Fuß fasste. Als sich der musikalische Kosmos von Modern Love erneut drehte, blieb Claro Intelecto zurück und suchte sich ein neues Zuhause. Bei Delsin in Amsterdam. Noch so einem Gatekeeper.
Sein Album “Reform Club“ gehörte 2012 mit zum Besten, womit man die in tiefem Respekt und Hang zur Historizität verankerte Tanzfläche bespielen konnte. Nun endlich gibt es neue Tracks, die „Stanza EP“.
Stanza heißt im Deutschen schlicht Vierzeiler, ein kleiner, sich oft reimender Mikrokosmos in den unendlichen Weiten von Literatur und Poesie. Und auch, wenn sich die vier neuen Tracks natürlich nicht reimen, lassen sie sich doch in ihrer erhabenen rumpligen Schönheit mixen. Im Kopf oder auf Platte. Ganz egal. Wir hören mal rein.
Wenn Stewart träumt, dann bollert es. Und umgekehrt. Seine Musik ist ein ewiges Auf und Ab, ein Blick aus einem schmalen Tal hinauf in Richtung der scharfen Klippen, die dennoch immer im genau richtigen Moment die Sonnenstrahlen durchlassen. „Stanza“ jedoch scheint auf die Nacht zugeschnitten. Nicht nur der entsprechend betitelte Track „A Nightmare before Bedtime“ deutet in diese Richtung. Die Grundstimmung ist düsterer als gewohnt, etwas aus dem Gleichgewicht, wobei das überhaupt nicht negativ zu verstehen ist. Es ist eher so, als würde diese EP eine frische Facette in Stewarts Kosmos widerspiegeln. Mal wieder. Denn gedreht hat sich Claro Intelecto schon einige Male. Nie um die eigene Achse, sondern immer mit Vorwärtsdrang.